Wie die Nachwuchsarbeit besser werden soll

Jan Trenner 07.03.2016

Dass der FC Bayern in der Nachwuchsarbeit seit einigen Jahren ein Problem hat, ist nicht neu. Mit Milos Pantovic konnte in der laufenden Saison nur ein Spieler, der nach dem Jahr 2012 aus der eigenen Jugend kam, überhaupt einen Bundesliga-Einsatz für den Rekordmeister verzeichnen.

Auch wir bei Miasanrot hatten uns im Herbst 2015 in einer vierteiligen Serie mit der Situation in den Jugendmannschaften beschäftigt. Auch wenn die kommenden Jahrgänge mit einigen herausragenden Talenten durchaus Hoffnung machen, arbeitet der Rekordmeister daran seine Jugendarbeit neu zu strukturieren. Dazu gehört der neue Campus im Münchner Norden und eine Zentralisierung der inhaltlichen Koordinierung der Nachwuchsarbeit unter U23-Coach Heiko Vogel. Nach personell unruhigen Jahren mit zahlreichen Struktur- und Personalveränderungen – zuletzt mit der Demission von Michael Tarnat – soll nun Konstanz einkehren.

Frischer Wind im Jugendbereich

Vogel nennt im Kicker ein paar interessante Ansätze. So soll die Rundumbetreuung mit Athletiktrainern, Sportpsychologen und weiteren Spezialisten zurückgefahren werden. Die Nachwuchsspieler sollen Widerstände spüren, um Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen zu fördern. Auch im Scouting wird sich einiges ändern. Der Fokus wird viel stärker als zuletzt auf das bayerische Umfeld konzentriert. Fast 20 Scouts werden sich auf den Raum München und die weiteren Teile Bayerns konzentrieren. Die besten Jugendspieler aus der Region, dazu 2-3 Rohdiamanten pro Jahrgang aus dem weiteren deutschen oder europäischen Umfeld – so umschreibt Mastermind Michael Reschke die Zielsetzung im Kicker.

Leroy Sane und David AlabaLeroy Sane im Zweikampf mit David Alaba
(Bild: PATRIK STOLLARZ / AFP / Getty Images)

Auch ein Bekenntnis zum Aufstiegsziel der Amateure ist zwischen den Zeilen zu lesen. Der Sprung aus der Regionalliga in die Bundesliga wird gerade auf Grund der gestiegenen Erwartungen beim FC Bayern als zu groß erachtet. Hier wird im Sommer zu beobachten sein, ob der Verein bereit ist in die Amateure zu investieren, um den komplizierten Aufstieg in die 3. Liga zu schaffen. Dass die Münchner zum Beispiel bei der jüngsten Verletzungsmisere in der Innenverteidigung niemanden mit Bundesliga-Format aus dem Nachwuchsbereich hochziehen konnten, dürfte auch den letzten vom Defizit in der Jugendarbeit überzeugt haben.

Die Situation zeigt, dass es für den FC Bayern insgesamt schwieriger geworden ist. Junge Spieler und deren Berater wissen wie schwer es ist, sich in München durchzusetzen und bevorzugen deshalb bessere Situationen in Stuttgart, Leipzig oder Hoffenheim. Auch so ist die stärkere Konzentration auf das unmittelbare Münchner Umfeld im Nachwuchsscouting zu verstehen.

Zum Anderen ist das klare Bekenntnis zur Verbesserung der Nachwuchsarbeit auch als Reaktion auf die veränderte Marktsituation in Europa und insbesondere in England zu sehen. Der FC Bayern ist darauf angewiesen wieder vermehrt Weltklasse-Spieler aus den eigenen Reihen zu entwickeln. Das Beispiel Kingsley Coman zeigt zwar, dass die Münchner in der Lage sind europäische Top-Talente zu finden und früh zu verpflichten. Diese Transfers sind jedoch teuer und damit nicht ohne Risiko. »Es wäre ein Traum für uns, wenn der nächste Kingsley Coman Fritz Schmidt heißt, aus Solln stammt und seit Jahren zu unseren Juniorenteams zählt«, gibt Reschke im Kicker zugespitzt die Zielsetzung vor.

Die Ansätze der Münchner Verantwortlichen klingen logisch und durchdacht. Ob sie erfolgreich sind, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Schon 2012 rief der damalige Präsident Uli Hoeneß zur großen Aufholjagd im Jugendbereich auf. Ein Erkenntnis-Defizit gibt es also schon lange nicht mehr. Es hakt in der Umsetzung. Sammer, Reschke und Vogel haben nun die Chance dies zu ändern. Für die Identität und sportliche Zukunft des FC Bayern ist das von entscheidender Bedeutung.