FC Bayern – Eintracht Braunschweig 2:0 (1:0)

Steffen Trenner 04.03.2015

Falls Ihr es verpasst habt:

Guardiola rotierte gegen den formschwachen Zweitligisten deutlich weniger als allgemein erwartet. Im Vergleich zum Wochenende rückten nur Xabi Alonso und Dante für Müller und Badstuber in die Partie. Bayern begann mit einem recht klaren 4-2-3-1 wobei die beiden Außenverteidiger Rafinha und Alaba gewohnt weit vorschoben. Rafinha zudem immer wieder mit Ausflügen ins zentrale Mittelfeld wie zuletzt schon gegen Köln. Schweinsteiger übernahm den etwas offensiveren Part neben Alonso. Braunschweig hielt mit einer Art 4-5-1 dagegen, das tief am eigenen Strafraum die Räume eng machte und ansonsten versuchte den Ball früh auf die Außenbahnen zu zwingen.

Von der ersten Minute entwickelte sich ein Spiel auf ein Tor. Bayern umstellte den Braunschweiger Strafraum, ließ aber insgesamt ein wenig Tempo in den Kombinationen vermissen. Vor allem nach der 15. Minute wurde es zäh. Es blieb in der ersten Hälfte bei 2-3 guten Möglichkeiten. Vor allem der ansonsten etwas zu verspielte Ribéry (4., 18., 26.) kam auf mehrere gute Abschlüsse im Strafraum, die jedoch spätestens bei Gikiewicz endeten. Ribéry hatte übrigens durchaus Glück, dass ein veritables Nachtreten von Schiedsrichter Drees eher als Nachstochern gewertet wurde. Als sich beide Mannschaften auf den Pausenpfiff vorbereiteten schlug Alaba einen sehenswerten Freistoß aus halb rechter Position in den Winkel (46+1).

Nach der Pause bot sich zunächst ein ähnliches Bild, auch wenn Braunschweig zunehmend das eigene Schneckenhaus verließ. Die Münchner nutzten die erste echte Chance in der zweiten Hälfte als Götze am Strafraum frei gespielt wurde und nach schönem Solo zur Vorentscheidung traf (57.). Danach plätscherte das Spiel eher dahin. Braunschweig blieb komplett ohne echte Torchance, während Bayern ein halbes Dutzend vielversprechender Angriffe nicht zu Ende brachte. Müller, Alaba und Robben vergaben die besten Möglichkeiten. Am Ende ein glanzloser, wenn auch verdienter Sieg. Im Pokalviertelfinale könnten mit Wolfsburg, Dortmund und Mönchengladbach nun deutlich größere Brocken drohen.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Keine Experimente

Mit vielen Namen war vor dem Spiel spekuliert worden. Reina, Rode, Weiser – vielleicht gar Pizarro oder Gaudino? Guardiola kokettierte in der Pressekonferenz vor dem Spiel durchaus mit einer stärkeren Rotation. Am Ende sendete er aber ein deutliches Signal. Keine Experimente. Kein Spannungsabfall. Auch nicht gegen einen Zweitligisten. Lediglich der zuletzt kritisierte Dante und das Duo Schweinsteiger/Alonso bekamen die Möglichkeit, die aktuelle Form und die Abstimmung gegen einen auf dem Papier deutlich unterlegenen Gegner zu testen.

Mag sein, dass die Vorsaison mit der fatalen „die Liga ist vorbei“-Botschaft und dem darauf folgenden Leistungsloch Spuren hinterlassen hat beim Bayern-Coach. Er will sich sicher nicht noch einmal vorwerfen lassen, der Mannschaft den notwendigen Rhythmus genommen zu haben. Im Prinzip hat er recht damit – gerade jetzt, da vieles auf das Rückspiel gegen Donezk ausgerichtet ist, für das die Münchner genau den Rhythmus und die Selbstverständlichkeit brauchen, die im Hinspiel in der Ukraine fehlten.

2. Erste 45 Minuten als Lerneffekt

Auch wenn es schwer fällt, die jeweiligen Einzelspieler miteinander zu vergleichen – so ein wenig erinnerten die ersten 45 Minuten gegen Braunschweig gegen die beiden Champions-League-Duelle gegen Manchester United im Vorjahr, als sich die Guardiola-Elf über weite Strecken sehr schwer tat, Chancen zu kreieren. Braunschweig stand sehr tief am eigenen Sechzehner – machte es Bayern aber vor allem mit dem 5er Mittelfeld (sobald Bayern die Mittellinie überspielte) vor der recht zentral ausgerichteten Viererkette schwer. Bayern kam im normalen Spielaufbau immer wieder recht leicht über den Flügel in Strafraumnähe. Braunschweig stellte aber im und am Strafraum jederzeit komfortable Überzahlsituationen her. Weil Bayern zudem extrem linkslastig agierte und insgesamt selten die Positionen tauschte, machten sie es den Gästen leicht, Sicherheit im Defensivspiel zu gewinnen. Einzelaktionen von Ribéry blieben so in diesen Situationen häufig die einzige Möglichkeit für Torgefahr und Tempowechsel.

Lücken offenbarten die Braunschweiger immer dann, wenn sie nach Ballgewinn versuchten schnell umzuschalten. Weil sie (für eine Auswärtsmannschaft in München fast untypisch) versuchten mit schnellen kurzen Pässen den Gegenstoß einzuleiten, statt mit langen Bällen das Mittelfeld zu überbrücken, boten sich potenziell Chancen im Gegenpressing durch schnelles Umschalten gegen einen aufrückenden Gegner. Zwei Chancen von Ribéry (22.) und Lewandowski (38.) entstanden genau auf diese Art und Weise. Es zeigte sich aber auch, dass vor allem Alonso aber auch Schweinsteiger extreme Probleme hatten, im Gegenpressing das richtige Timing im Zupacken zu finden. Boland und Hedenstad marschierten hier mehrfach nach einer leichten Körpertäuschung durch das Mittelfeld. Frühe Ballgewinne waren deshalb Mangelware. Auch das erinnerte an die Spiele gegen United im Jahr zuvor. Mut für weitere gemeinsame Auftritte des erfahrenen Duos im zentralen Mittelfeld macht das nicht gerade.

Erst nach dem 1:0 durch einen Kunstschuss von Alaba und dem im Anschluss etwas erhöhten Risiko der Braunschweiger wurden die Räume am Mittwochabend etwas größer. Für die Münchner dürfte das Spiel so auch eine wichtige Lehre für die nächsten Wochen bedeuten. Braunschweig wird nicht die letzte Mannschaft gewesen sein, die sich komplett darauf konzentriert, die Pass- und Laufwege in den Strafraum zuzustellen. Der FC Bayern muss hier auch personell Lösungen finden, um die Variabilität am Strafraum und die Arbeit im Gegenpressing zu verbessern. Ansonsten drohen weitere Geduldsspiele wie gegen Braunschweig.

3. Götze als Finisher

Mario Götze hat durchaus ein paar unterschätzte Stärken. Sein robuster Körper, der es ihm erlaubt, trotz nur 1.76m-Körpergröße Checks und Rempler größerer Defensivspieler zu absorbieren, zählt gewiss dazu. Doch auch seine Qualitäten als Abschlussspieler dürften allgemein als unterschätzt gelten. Götze ist nicht gerade der Typ Makaay, der aus dem Nichts irgendwo im Strafraum auftaucht und Tore erzielt. Der 22-Jährige hat aber eine bemerkenswerte Ruhe und Präzision im Strafraum und im Abschluss. Sein 14. Saisontor erzielte Götze gegen Braunschweig wettbewerbsübergreifend. In der Bundesliga braucht er laut whoscored.com nur 3,5 Torschüsse im Strafraum für einen Treffer. Allein Ribéry erreicht einen ähnlichen Wert. Robert Lewandowski braucht fast acht Schüsse. Auch Robben und Müller benötigen wesentlich mehr Chancen im Strafraum für einen Treffer als Götze.

Der Nationalspieler erarbeitete sich sein Tor gegen Braunschweig im Prinzip selbst. Er ließ nach einem klugen Pass von Robben an die Strafraumkante zwei bis drei Braunschweiger aussteigen, legte sich den Ball mit dem vorletzten Ballkontakt noch im Eindrehen perfekt selbst in den Lauf und schob den Ball dann sicher und souverän an Gikiewicz vorbei ins Netz. Für die kommenden Monate wird es auch eine Aufgabe sein, Götze – der häufig taktisch in anderen Räumen gebunden ist – mehr Szenen im Strafraum zu ermöglichen. Zurückzahlen würde er das mit seinen Finischer-Qualitäten mit Sicherheit.

FC Bayern – Eintracht Braunschweig 2:0 (1:0)
FC Bayern Neuer – Rafinha, Boateng, Dante, Alaba – Schweinsteiger (77. Rode), Xabi Alonso – Robben (81. Müller), Götze, Ribéry (62. Bernat) – Lewandowski
Bank Reina, Badstuber, Weiser, Pizarro
Braunschweig Gikiewicz, Correia, Sauer, Hedenstad, Kessel (46. Korte) – Decarli, Reichel, Boland (77. Khelifi), Omladic (68. Düker), Zuck- Ryu
Bank Petkovic, Vrancic, Hochscheidt, Theuerkauf
Tore 1:0 (45+1) Alaba, 2:0 (57. Götze)
Karten Gelb: Schweinsteiger, Dante / Kessel, Sauer
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)
Schiedsrichter Dr. Jochen Drees