MUNICH, GERMANY - APRIL 30: Thomas Mueller of Muenchen reacts during the Bundesliga match between FC Bayern Muenchen and Borussia Moenchengladbach at Allianz Arena on April 30, 2016 in Munich, Germany. (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images For MAN)

FC Bayern München – Borussia Mönchengladbach 1:1 (1:0)

Christopher Trenner 30.04.2016

Das Heimspiel gegen Gladbach lag denkbar ungünstig zwischen den beiden Champions-League-Halbfinalpartien gegen Atlético Madrid. Die Meisterschaft, so schon die Ankündigung vor dem Spiel, würde ohnehin nicht gefeiert werden. Zu wichtig ist das Europapokal-Rückspiel.

Falls Ihr es verpasst habt:

Pep Guardiola reagierte nach dem erwartungsgemäß schweren Spiel in Madrid und rotierte seine Mannschaft kräftig durch – mit dem wichtigen Nebenaspekt, dass Jerome Boateng nach 99 Tagen wieder sein Comeback im Bayern-Trikot gab. Mit ihm bildeten Tasci und Benatia eine Dreierkette.

Grundformation FC Bayern - GladbachGrundformation FC Bayern – Gladbach

Im Mittelfeld waren als zusätzliche Absicherung Rafinha und Bernat auf den Außenbahnen, so dass die Dreierkette im Bedarfsfall zur Fünferkette werden konnte. Im Mittelfeld durfte Sebastian Rode zum ersten Mal seit dem fünften Spieltag wieder von Beginn an spielen, neben ihm agierte Kimmich im Zentrum. Die Dreieroffensivreihe bildeten Götze, Coman und Müller.

Auf Gladbacher Seite setzte André Schubert auf die gleiche Formation wie in der Vorwoche, als man 3:1 gegen Hoffenheim gewinnen konnte. Das 4-3-3 zeigte sich dabei äußerst variabel. Die Gladbacher interpretierten ihre Aufstellung durchaus mutig und liefen die Münchner vor allem in der ersten Halbzeit mit drei bzw. vier Spielern früh an.

Welchen Mehrwert Jerome Boateng für die Münchner haben kann, war sofort in der vierten Minute zu sehen. Ein langer Ball auf Müller und die gesamte Hintermannschaft der Gladbacher war unsortiert. Müller vertändelte die Situation zunächst, holte aber zumindest einen Eckball heraus. Diesen verwerte der Stürmer nach der Hereingabe von Kimmich zu seinem 20. Saisontreffer. Tasci hatte den Gladbacher Keeper Sommer noch abgelenkt, so dass er den Ball nicht entscheidend abwehren konnte. Es war das schnellste Tor der Münchner in dieser Bundesligasaison.

In der Phase nach der Führung entwickelte sich eine äußerst mäßige Bundesligapartie, in der Bayern nie mehr tat als das Nötigste, um Gladbach vom Tor fern zu halten. Bei den Münchnern fiel auf, dass vor allem im Zentrum die Abstimmung fehlte. Mitte der ersten Halbzeit war die Passquote auf 74% abgesackt. Das Pressing der Gladbacher stellte die Dreierkette gut zu, Kimmich und Rode fanden kein rechtes Mittel zur Unterstützung. So blieben oft nur lange Bälle von Neuer auf Coman oder Müller. Am Ende der Partie waren es 42 lange Schläge nach vorne – nur zwölf davon kamen an. Das Hauptproblem der Roten war über weite Strecken das Aufbauspiel.

Konter nach überspieltem Pressing, wie es Gladbach auswärts zuletzt häufiger zugelassen hat, waren nur selten zu sehen und wenn, dann waren sie nicht gut zu Ende gespielt. Am Ende der ersten Halbzeit standen die Bayern bei nur vier eigenen Torabschlüssen, alle von Thomas Müller abgegeben.

In der zweiten Halbzeit änderte sich zunächst nicht viel. Coman wich häufiger auf den linken Flügel aus, um so die linke Außenbahn zu überladen. Dies gelang aber nur in Ansätzen, weil er zu wenig Unterstützung von Bernat und Götze bekam, aber schlichtweg auch die Abnehmer im Zentrum fehlten.

In der 57. Minute brachte Schubert mit Stindl für Hazard mehr Mittelfeldfokus. Wenig später kam noch Herrmann für Traore. Die Münchner Abwehr, bei der mittlerweile Alaba für Boateng im Spiel war, hatte sichtlich Mühe mit dieser veränderten Ausrichtung. Gladbach kombinierte sich jetzt mehr durchs Zentrum und versuchte dann über Seitenverlagerungen die Außenbahnspieler Hahn und Hermann in Position zu bringen. In der 69. Minute gelang dies in Ansätzen und in der 72. Minute dann in Perfektion: Kimmich ging auf Höhe der Seitenauslinie in einen Zweikampf, den er nicht gewinnen konnte. Dadurch öffnete er das Zentrum, wo Stindl einen Steilpass zwischen die Schnittstelle Alaba und Benatia auf Andre Hahn spielen konnte. Dieser vertändelte beinahe den Ball, doch kam dann dennoch zum Abschluss. Sein Schuss schlug im kurzen unteren Eck ein, Manuel Neuer war machtlos. Die Borussia erzielte so den bis dahin durchaus verdienten Ausgleich.

Der FC Bayern reagierte und baute wieder mehr Druck auf. Pep Guardiola brachte Costa in die Partie, doch mehr als Halbchancen konnten sich die Münchner nicht mehr erspielen. Somit bleibt es beim „Arena-Fluch“: Der FC Bayern kann scheinbar nicht im heimischen Stadion final Deutscher Meister werden. Zudem konnte man nun zum vierten Mal in Folge nicht gegen Gladbach gewinnen. Die Quote von Pep Guardiola gegen seinen Angstgegner in der Bundesliga verschlechtert sich weiter.

3 Dinge, die auffielen:

1. Comeback geglückt

Auch wenn es mit der Meisterfeier (noch) nichts wurde: Die Fans des Rekordmeisters können sich zumindest über das Comeback von Jerome Boateng freuen. Dieser überzeugte in seinem ersten Spiel in einer sehr guten Abwehrreihe bestehend aus Tasci, Benatia und besagtem Boateng. In 67 Spielminuten gewann Boateng 75% seiner Zweikämpfe, konnte zwei Klärungen und einen abgefangenen Pass in sein Statistikbuch eintragen. Wichtiger als die defensive Leistung war aber die Veränderung des Münchner Aufbauspiels durch seine Anwesenheit. Schon in den ersten Minuten streute Boateng einen langen Ball nach dem anderen ein und zeigte in Ansätzen, weshalb er am Dienstag eine ernsthafte Option sein kann. Mit ihm kann der FC Bayern das Pressing des Gegners einfach und gefährlich umspielen. Allerdings zeigte er sich nicht immer so zielgenau wie in der vierten Minute, als er den Treffer seiner Mannschaft indirekt durch einen langen Ball einleitete. Nur fünf von zwölf Versuchen fanden einen Abnehmer. Die doch sehr defensive Spielweise und das Fehlen eines Zielspielers wie Lewandowski machten diese Aufgabe nicht einfacher.

Eine wirkliche Belastungsprobe für Dienstag war es nicht, jedoch könnte die Niederlage im Hinspiel Pep Guardiola zu einigen Anpassungen bewegen. Eine Dreierkette gegen das zu erwartende 4-5-1 von Atletico ist zumindest vorstellbar. Dann hätte Boateng definitiv eine Chance in der Startaufstellung zu stehen. Wie sehr er in den letzten Wochen gefehlt hatte, wurde phasenweise sehr deutlich.

2. Benatia bosst

Der Hauptgrund, warum Jerome Boateng über weite Teile der Partie nahezu ungefordert war, war wohl Medhi Benatia. Gerade in der ersten Halbzeit hat er durch überragendes Stellungsspiel Gladbach schier zur Verzweiflung getrieben. Die Statistiker verbuchten acht Interceptions – ein grandioser Wert für einen Innenverteidiger. Der nächstbeste Münchner, Serdar Tasci, kam in diesem Vergleich auf vier. Aber auch seine anderen Werte lesen sich durchaus positiv: 55% gewonnene Zweikämpfe, zwei Klärungen und eine Passquote von 83% sind durchaus überzeugende Werte.

Medhi Benatia Bayern - GladbachMedhi Benatia im Zweikampf mit Thorgan Hazard. (Matthias Hangst / Bongarts / Getty Images)

Benatia deutete schon in der Vorwoche an, welch ein guter Innenverteidiger er eigentlich ist, wenn er verletzungsfrei bleibt. Gerade seine Kopfballstärke und sein Antizipationsvermögen stehen dem FC Bayern in dieser Saisonphase gut zu Gesicht. Seine Leistung könnte die Überlegungen, am Dienstag auf eine Dreierkette zu greifen, noch verstärken.

3. Mario Götze fällt ab

In den letzten Wochen zeigte sich Mario Götze formverbessert, beim Spiel gegen Gladbach verfiel er aber wieder in einen sehr lethargischen Modus, der so schon länger nicht mehr zu sehen war. Nur 39 Ballaktionen und 33% gewonnene Zweikämpfe sind in einem solchen Spiel zu wenig. Zwar konnte Götze in einigen Konteransätzen durchaus klug agieren, aber mehr als zwei Torschussvorlagen konnte er nicht beisteuern. Er hatte insgesamt zu viele Ungenauigkeiten im Spiel. Gerade in der Phase in der ersten Halbzeit, als die Münchner in gute Kontersituationen gelangen, muss von ihm mehr kommen. Die teilweise großen Räume, die die Gladbacher anboten, waren prädestiniert für Götzes Raumverständnis, doch leider verpufften einige Ideen bzw. Zuspiele.

Im Gegensatz zu Boateng und Benatia konnte Götze die Chance nicht nutzen, ein Bewerbungsschreiben bei Guardiola für die Champions League zu hinterlegen. Obwohl Thiago auch meilenweit von seiner Bestform entfernt ist, hat er wohl immer noch die Nase gegenüber Götze vorne.

FC BAYERN – BORUSSIA M’GLADBACH 1:1 (1:0)
FC Bayern Neuer – Benatia, Boateng (68. Alaba), Tasci (77. Costa) – Kimmich – Rafinha, Rode, Götze (62. Thiago), Bernat – Müller
Bank Ulreich, Lahm, Vidal, Lewandowski
Borussia M’gladbach Sommer – Elvedi, Christensen, Nordtveit – Dahoud, Xhaka – Traoré (61. Herrmann), Wendt – Hazard (57. Stindl) – Hahn, Raffael (90. Hofmann)
Tore 1:0 Müller (6.), 1:1 Hahn (72.)
Karten Tasci, Rode / Elvedil
Schiedsrichter Daniel Siebert (Berlin)
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)