Eintracht Frankfurt – FC Bayern München 0:0

Christopher Trenner 30.10.2015

Die Münchner gingen vor der Partie ein gewisses Risiko ein, indem sie erst am Spieltag anreisten. Unüblich, aber in diesem Fall durchaus verständlich. Pep Guardiola wollte lieber die eigenen Trainingsmöglichkeiten nutzen und den Spielern einen Abend Zuhause gönnen – und nicht schon vorzeitig nach Frankfurt reisen.

Falls Ihr es verpasst habt

Pep Guardiola stellte trotz der hohen Spiel- und Reisebelastungen der letzten Wochen nur wenig um.

Thomas Müller und David Alaba pausierten, für Alaba eine Premiere in dieser Saison. Für die beiden Akteure rückten Arjen Robben und Rafinha in die Mannschaft. Dadurch ergab sich das zuletzt manifestierte 4-1-4-1 Grundsystem mit Rafinha als linkem Verteidiger. Die Offensivreihe Costa, Coman und Robben wechselten munter die Positionen, wobei Robben die meiste Zeit über zentral agierte.

Armin Veh reagierte auf die Pokalniederlage und nahm den zuletzt etwas formschwachen Russ aus dem Abwehrzentrum. Für ihn spielte Abraham, neben den sich in der Abwehr Zambrano gesellte. Ansonsten setzte Veh auf ein 4-2-3-1 bzw. 4-3-3 System, welches Offensiv aber so nur selten zu sehen war. Defensiv war es viel mehr ein 4-4-1-1 das situativ zur Fünferkette wurde. Insbesondere Aigner und Seferovic, die nominellen Flügelspieler rückten dann förmlich eine komplette Reihe nach hinten und bildeten eine Fünferkette, sobald sich der Ball auf die Flügelpositionen bewegt hat. So gelang es den Frankfurtern Costa und Coman stets gut zu doppeln. Die restliche Abwehrkette orientierte sich auf Höhe des Strafraums, die Vierer-Mittelfeldkette nur kurz davor. So entwickelte sich vom Anpfiff weg die Abwehrschlacht der Eintracht.

Die Münchner taten sich zunächst schwer ins Spiel zu finden. Frankfurt hielt mit einer hohen Intensität dagegen. Stefan Aigner, der Ex-Löwe, holte sich bereits nach 14 (!) Spielsekunden, nach einem überharten Einsteigen gegen Rafinha eine gelbe Karte ab. In der 11. Minute konnte sich Robben über die linke Außenbahn mal durchsetzen und nach innen flanken. Vidal stützte sich ungestraft leicht gegen Oczipka auf, doch Hradecky konnte den nicht ausreichend platzierten Kopfball über die Latte lenken. Ansonsten vergingen die Anfangsminuten ohne große spielerische Highlights. Den Münchnern gelang es nicht, das nötige Tempo in die Partie zu bringen. Die Außenpositionen waren zu isoliert. Zudem schafften es die Bayern nicht, die Räume zwischen der Frankfurter Abwehr- und Mittelfeldkette zu besetzen. So machte es der Rekordmeister der Elf von Armin Veh sehr einfach. Diese bezahlte den Preis für ihre defensive Strategie und blieb harmlos. Alleine nach 20 Spielminuten hatten die Münchner 175 gespielte Pässe. Die Eintracht stand da erst bei 45. Allerdings gelang es nicht mehr sich gute Torchancen herauszuspielen. Pep Guardiola stellte schon während der Anfangsphase um. Costa und Robben tauschten immer wieder die Positionen. Generell war Arjen Robben der Freigeist in der Offensive und übernahm weitestgehend den Part von Thomas Müller. Das direkte Zusammenspiel mit Coman und oder Costa war aber nur selten zu sehen. Ein Hackenzuspiel von Costa auf Robben war daher die Ausnahme (28.).

So ging es ohne große Höhepunkte in die Kabine. Direkt nach Wiederanpfiff vergaben die Münchner die große Chance auf die Führung. Abraham und Zambrano vertändelten im Verbund dem Ball am eigenen Strafraum, doch Costa konnte die Situation nicht nutzen. Sein Schuss rauschte am Tor vorbei. Auf der Gegenseite kam jetzt auch Frankfurt besser ins Spiel. Nach einem Rückpass von Martinez auf Neuer verhalf ein Platzfehler Stendera zu einer guten Torchance. Der Ball von Neuer segelte mehr hoch als weit durch den Strafraum direkt zu besagtem Frankfurter, doch Neuer konnte seinen ‚Fehler‘ selber ausbügeln und klären. Aber auch sonst gab Frankfurt die Einsiedler-Taktik ein Stück weit auf und versuchte, sich am Spiel zu beteiligen. Vor allem Aigner über die linke Seite sorgte immer wieder für Gefahr. Zunächst gegen Rafinha, ab der 50. Minute dann gegen Lahm, der nach dem Tausch Müller für Rafinha auf die linke Verteidigerposition rückte.

Durch die Einwechslung von Müller spielte interessanterweise jetzt Vidal als Rechtsverteidiger und nicht mehr im offensiven Halbraum. Pep Guardiola reagierte weiter, der in der zweiten Halbzeit völlig wirkungslose Coman verließ in der 65. Minute den Platz und für ihn kam mit Thiago ein weiterer Spieler der Kreativität ins Münchner Spiel bringen sollte. Aber auch dieser Wechsel ging nicht auf, sodass Pep Guardiola noch Alaba für Lahm brachte. Mit Alaba kamen dann mehr Diagonalläufe in die Partie, leider erst ab der 75. Minute. Mit diesem Wechsel konnten die Münchner das starre Konstrukt der Frankfurter etwas besser auflösen. Die beste Chance im zweiten Durchgang hatte schlussendlich Lewandowski. Dieser wird in der 82. Minute von Robben per Heber bedient, doch frei vor dem Tor vergibt der aktuell führende in der Torjägerwertung deutlich. Zwar landete der Ball von ihm wenig später im Netz, aber Lewandowski kam aus dem Abseits und wurde folgerichtig zurückgepfiffen (89.). Es war bereits in einer Phase als es die Bayern mit wütenden Angriffen und vielen Flanken aus dem Halbraum erzwingen wollten. Trotz fünfminütiger Nachspielzeit gelang dem Tabellenführer aber kein Treffer mehr. Es ist der erste Punktverlust der laufenden Saison. Der Startrekord in der Bundesliga konnte demzufolge auch nicht mehr verbessert werden und steht jetzt bei zehn Siegen.

3 Dinge, die auffielen:

1. Kopflosigkeit im Angriff

Die Münchner konnten weder ihre gewohnte Präzision noch das nötige Tempo in die Partie bringen. Nur in ganz wenigen Ausnahmesituationen wurden Angriffe stringent vorgetragen. Diese waren allerdings gleich gefährlich, wie etwas die Chancen von Vidal (11.) oder Lewandowski (82.). Der zeitliche Abstand zwischen diesen beiden Möglichkeiten zeigt aber auch, woran das Spiel der Münchner gekrankt hat. Am Vor-vorletzten Pass. Pep Guardiola ging das Spiel, wie zuletzt gesehen, auch gegen Defensiv eingestellte Gegner sehr konservativ mit Viererkette an. Dadurch ergab sich sich im Spielaufbau gerade in der ersten Halbzeit immer wieder die Situation, dass Boateng, Martinez und Alonso zu dicht beieinander standen. Gerade die beiden Spanier konnten zum Spielaufbau nicht genug beitragen. Die Last lag ungewöhnlich stark auf Boateng. Dieser hatte 21 lange Bälle gespielt, immerhin kamen 15 an. Alonso spielte lediglich sechs lange Pässe, von denen nur drei einen Abnehmer fanden. Eine ungefähr gleiche Verteilung des öffnenden Balles wie in den Vorwochen war nicht zu sehen. Frankfurt verstand es gut, mit Meier und Stendera die öffnenden Pässe von Alonso zu unterbinden. Diagonalpässe auf Costa und/oder Coman wurden nur selten gespielt.

Gleichzeitig verbauten es sich die Münchner mit einer zu hohen Fehlerquote. Vidal und Costa hatten 10 Fehlpässe, Robben 8, Lewandowski 7 und Coman 5. Die Passquote der Offensivreihe war deutlich unter 80% und steht sinnbildlich für viele ungenaue Abspiele im letzten Drittel. Gerade in den ersten 25 Spielminuten machten es die Bayern den Frankfurtern so sehr einfach. Im zunehmenden Spielverlauf versuchten sie es dann zunehmend kopflos. Alleine 20 Flanken spielte der FCB in dieser Partie, allesamt viel zu ungefährlich, da sie meist aus dem Halbfeld geschlagen wurden und nicht von der Grundlinie. Dorthin gelangten die Münchner durch die bereits erwähnte situative Fünferkette der Frankfurter nur selten. Den dadurch frei werdenden Raum durch Seitenverlagerungen konnten die Münchner nicht nutzen. Zugegeben fehlten aber Costa und Coman die Unterstützung der Außenverteidiger. Rafinha interpretierte seine Rolle sehr konservativ und auch Philipp Lahm hielt sich mit Vorstößen auffallend zurück. Gleichzahl auf der Flügelposition wurde fast nie hergestellt.

Da die Münchner die wenigen Chancen (zur Erinnerung: Gegen Bremen und Arsenal waren es nicht viele mehr) nicht nutzten, blieben sie zum zweiten Mal in den letzten vier Spielen torlos.

2. Lichtblick Martinez

Angesichts der Verletzung von Benatia und Badstuber, sowie den Verkauf von Dante gab es gerade auf der Innenverteidiger Postion neben Boateng schon eine Lücke. Sowohl Alaba als auch Martinez füllten diese Rolle bisher perfekt aus. Gerade bei Martinez gilt: Sein Comeback nach 13 Monaten ohne Fußball ist schier unglaublich. Es wirkt so, als wäre er nicht weg gewesen. Gegen Frankfurt gewann er 73% seiner Zweikämpfe, darunter fünf Kopfballduelle gegen Alex Meier. Gerade durch diese vielen gewonnen Zweikämpfe wurde der Spielaufbau der Frankfurter de facto zerstört. Meier sollte den Ball weiter auf Aigner legen – in der Theorie. Dies gelang dank Martinez nur selten. Zudem hatte er noch weitere wertvolle Defensivaktionen. Zweimal konnte er den Ball der Frankfurter abfangen und vier Klärungen verbuchen. Lediglich der etwas lasche Rückpass auf Neuer sorgte durch die verfehlte Klärungsaktion des Torwarts für einen Hauch von Gefahr vor dem Tor der Münchner.

Offensiv indes fehlt Martinez noch ein Stück weit der alten Form. Der Baske sucht stets den Sicherheitspass. Ingesamt spielte er auch nur zwei lange Bälle – diese waren immerhin erfolgreich. Ansonsten kann von ihm natürlich nicht die dynamische Interpretation des offensiven Halbverteidigers a la David Alabas erwartet werden.

3. Gepiesackte Spieler

Die Elf von Armin Veh verstand es gut, den Bayern die Lust am Spiel zu nehmen. Das zeigte nicht nur das Doppel-Foul von Aigner kurz nach dem Anpfiff. Schon nach einer Spielminute hatte Frankfurt so viel gefoult wie Köln in der Vorwoche innerhalb einer Halbzeit. Auch sonst häuften sich bei den Frankfurtern Nicklichkeiten. Zambrano gegen Lewandowski entwickelte sich vor allem in der zweiten Halbzeit zum Dauerduell. Hier agierte Lewandowski meist zu sehr im Grenzbereich. Er ließ sich von der harten Spielweise von Zambrano anstecken und verursachte alleine auf Bayernseite sechs Fouls. Auch durch die zunehmende Theatralik einzelner Akteure schaukelten sich beide Seiten hier zunehmend hoch. Der Gewinner dieser Unruhe war klar – Eintracht Frankfurt. Durch viele kleine Unterbrechungen verschleppten sie gezielt den Spielfluss und zwangen den Münchnern spätestens ab der 75. Minute eine gewisse Nervosität auf. Diese entlud sich in überhasteten Angriffen, aber auch in permanenten Versuchen einen Strafstoß „herauszuarbeiten“. Hätte sich beispielsweise Robben nicht fallen lassen (85.), hätte Costa eine gute Chance auf ein Zuspiel im Strafraum gehabt. Das taktische Mittel des Elfmetererzwingens hätte es an diesem Abend nicht gebraucht. Es zeigt aber auch zugleich, dass die Münchner nicht absolut auf der Höhe waren und keine spielerische Lösung fanden.

EINTRACHT FRANKFURT – FC BAYERN 0:0
Eintracht Frankfurt Hradecky – Hasebe, Zambrano, Abraham, Oczipka – Ignjovski, Mejodevic (77. Russ), Stendera (90. Djakpa) – Aigner (88.Reinartz), Meier, Seferovic
FC Bayern Neuer – Lahm (76. Alaba), Martínez, Boateng, Rafinha (51. Müller) – Alonso – Robben, Vidal, Costa, Coman (65. Thiago) – Lewandowski
Bank Ulreich – Benatia, Kirchhoff, Kimmich
Tore – / –
Karten Aigner, Seferovic, Abraham, Ignjovski / Lahm, Robben
Schiedsrichterin Siebert (Berlin)
Zuschauer 51.500 (ausverkauft)