Ein Turnierpferd springt nur so hoch, wie es muss. Hertha BSC in der Arena

Christopher Trenner 27.10.2013

FC Bayern gegen Hertha BSC in der Allianz Arena

Vor dem Spiel war der Fokus besonders auf der ersten Halbzeit. Hier hatte die Mannschaft vor allem in der Arena zuletzt Probleme. Was sicherlich auch an den sehr defensiven Grundausrichtungen der Gegner lag (Wolfsburg, Nürnberg, Mainz). Pep Guardiola verzichtete auf die große Rotation und brachte lediglich Müller für Mandzukic und stellte Boateng mit van Buyten einen Mann seiner Gewichtsklasse zur Seite.

Während in manchen Stadien die Spiele noch nicht mal angepfiffen bzw. schon unterbrochen waren, schallte bereits der erste Torjubel durch München. Der Plan in der ersten Halbzeit fokussiert zu spielen, ging nicht ganz auf. Zunächst schenkte van Buyten mit einer Kerze aufs Arenadach einen Eckball her. Boateng hatte nicht mit Gegenwehr der Berliner gerechnet und vermied das Kopfballduell mit Ramos. So stand es bereits nach drei Minuten 0:1. Im Anschluss daran versuchte die Mannschaft mit wüteten Angriffen das Spiel schnell zu drehen, bekam aber gerade in der Defensive keinen Zugriff und hatte Glück nach einer Dreifach-Chance nicht 0:2 zurückzuliegen. Gerade auf der rechten Abwehrseite gab es einige Abstimmungsprobleme – insbesondere zwischen Rafinha und van Buyten. Was auch durch viele Fehler im Spielaufbau begünstig wurde. Schnelle Ballverluste führten immer wieder zu gefährlichen Berliner Vorstößen, weil das Gegenpressing in diesem Spiel alles andere als optimal war.

Nach 20. Minuten bekam der FC Bayern das Spiel besser in Griff und nach einer Fackel von Kross hatte man das Gefühl das Momentum könnte kippen. Leider verletzte sich Toni Kroos bei dieser Aktion an der Leiste und musste ausgewechselt werden. Für ihn kam Mario Götze. Nur eine Minute später verspürte Arjen Robben den gleichen Wanderschmerz und musste ebenfalls ausgewechselt werden. Für ihn kam Mario Mandzukic. Die ungewollten Wechsel brachten einige Unordnung in die Berliner Abwehr, die nach einer Standardsituation den Ausgleich brachte (30.). Nach einer Willy-Sangol-Gedächtnisflanke schraubt sich das Turnierpferd Mandzukic in die Luft und markiert, dank freundlicher Unterlassung einer Abwehraktion durch Ex-Bayernspieler Kraft, das 1:1.

In der Folge schnürte der FC Bayern die Berliner immer weiter ein, aber ohne zwingende Torchancen zu kreieren. Erst in der zweiten Halbzeit und mit einer erneuten Standardsituation sprang der FC Bayern auf die Siegerstraße. Flanke von Schweinsteiger und erneut Kopfballtor von der Nummer 9. Der Mann des Tages hieß Mandzukic, der nach seiner Einwechslung jedes Kopfballduell gewonnen hat – ein echter Wallach (51.). Drei Minuten später zeigte Mario Götze (54.), dass auch Ponnys springen können. Erneut Flanke aus dem Halbfeld – Götze setzt sich gegen zwei Hertha-Riesen durch und köpft ins lange Eck. Kraft, der auf dem falschen Fuss erwischt wurde, sah dabei unglücklich aus.

Die Partie schien entschieden, doch eine Verweigerungshalterung in der Abwehr (54.), brachte die Hertha noch mal ran. Pep Guardiola regierte schnell und brachte etwa fünf Minuten nach dem Anschlusstreffer Javi Martinez für Thomas Müller. Das Comeback war sicherlich die positive Nachricht des Tages und wie wichtig er sein kann, konnte man bei einigen tollen Balleroberungen sehen. Als viele schon das Fazit zogen, hatte man Glück, dass Michael Weiner nicht für die Berliner auf den Elfmeterpunkt zeigte. Ramos kam, nach einer allenfalls minimalen Berührung von Alaba zu Fall, doch der Schiedsrichter lies wohl zu recht weiter laufen.

Es bewies sich erneut die alte Weisheit aus dem Pferdesport: »Ein gutes Pferd muss nur so hoch springen, wie es muss«. Eine allenfalls durchschnittlich Leistung reichte gegen mutige Herthaner zum Sieg. Dennoch ist es gut zu sehen, dass die Mannschaft genügend Feuer hat auch einen erneuten Rückstand wegzustecken. Zudem zeigt ein kleiner Blick zurück, dass wir im letzten Jahr einige unterdurchschnittliche Auftritte bei unseren Heimspielen hatten. Genannt seien hier die Spiele gegen Frankfurt, Düsseldorf oder Freiburg. Der Ausgang der Saison ist bekannt. Und was soll bei so einem Turnierpferd wie den FC Bayern schon schief gehen? Schließlich liegt auf dem Rücken der Pferde das Glück dieser Erde.

FC Bayern München – Hertha BSC 3:2 (1:1)
FC Bayern Neuer – Rafinha, Van Buyten, Boateng, Alaba – Lahm – Robben (26. Mandzukic), Kroos (24. Götze), Schweinsteiger, Ribéry – Müller (63. Martínez)
Bank Starke, Contento, Kirchhoff, Hojbjerg
Hertha BSC Kraft – Pekarik, Lustenberger, S. Langkamp, J. van den Bergh (78. Allagui) – Skjelbred, Hosogai (86. Ronny)- Cigerci, N. Schulz – Ben-Hatira (77. Mukhtar) – Ramos
Bank Mathenia, Fathi, Zimling, Okazaki
Tore 0:1 Ramos (4.), 1:1 Mandzukic (30.), 2:1 Mandzukic (51.), 3:1 M. Götze (54.), 3:2 Ben-Hatira (58.)
Karten Gelb: Boateng, Schweinsteiger, Rafinha / Hubnik, Limbersky, Kozacik