FC Bayern München – Borussia Dortmund 2:3 (2:1)

Steffen Trenner 26.04.2017

Am Ende ziehen die Schwarz-Gelben ins Pokalfinale nach Berlin ein. Wie 2015. Philipp Lahm und Xabi Alonso werden ihre Karriere nicht mit einem weiteren Pokalerfolg veredeln. Dabei hatte Bayern große Chancen auf einen Sieg.

Falls ihr es verpasst habt:

Ancelotti setzte konsequent auf Erfahrung und brachte erneut Alonso und Vidal von Beginn an als Doppelsechs hinter Thiago. In der Innenverteidigung sollte Martínez neben Hummels für Ordnung sorgen.

FC Bayern gegen Borussia DortmundFC Bayern gegen Borussia Dortmund – Grundformationen

Müller und Boateng somit zunächst von der Bank. Renato Sanches und Coman fehlten im Kader. Für den verletzten Manuel Neuer stand wie erwartet Sven Ulreich zwischen den Pfosten.

Tuchel brachte viel Speed in die Offensive und konnte mit Reus, Dembélé und Aubameyang auf sein Top-Trio zurückgreifen. Sokratis wurde vor dem Anpfiff rechtzeitig fit und ersetzte Ginter in der Innenverteidigung neben Sven Bender.

Die erste Großchance bei bitterkalten Temperaturen gehörte den Dortmundern. Lahm passte bei einem Freistoß im Mittelfeld nicht auf und ließ Guerreiro im Rücken davon laufen. Aubameyang traf die direkt folgende Hereingabe nicht richtig und verfehlte aus kurzer Distanz das Tor (4.).

Nach etwa acht Minuten spielte sich Bayern zunehmend frei und startete erste vielversprechende Angriffe. Ribéry scheiterte nach schöner Bewegung von der Strafraumgrenze an Bürki. Die folgende Nachschusschance setzte Vidal nur knapp an den Pfosten.

Als Bayern gerade dabei war, vollends die Kontrolle zu übernehmen, schoss Javi Martínez einen kapitalen Bock und legte Guerreiro leichtfertig im Strafraum den Ball vor. Ulreich lenkte den Schussversuch zwar noch an den Pfosten, doch Reus war zur Stelle und drückte den Ball zum 1:0 für Dortmund über die Linie (17.).

Die Tuchel-Elf nun mit Oberwasser, aber das zweite Tor machten die Bayern. Ausgerechnet Martínez, der das 0:1 durch einen groben Fehler verschuldet hatte, köpfte eine gut getretene Ecke von Xabi Alonso aus sieben Metern wuchtig ins Netz. 1:1 – nach gerade einmal 27 Minuten.

Bayern nun klar Herr im eigenen Haus. Die Außenverteidiger schalteten sich mutiger mit ein und drängten die Dortmunder Flügel immer wieder weit zurück. Eine erneute Ecke fand Lewandowski, der den Ball aus acht Metern an den Pfosten köpfte. So ging es weiter. Vidal schoss aus 18 Metern knapp über das Tor.

Wenig später das zu diesem Zeitpunkt verdiente 2:1. Xabi Alonso mit einem weiten, öffnenden Ball aus der eigenen Hälfte, Ribery zog von links in den Strafraum und fand in der Mitte den aufgerückten Mats Hummels, der im Stile eines Klasse-Stürmers gegen die Laufrichtung von Bürki einschob (41.).

Lewandowski hätte kurze Zeit später auf 3:1 erhöhen müssen, als er aus 30 Metern frei auf Bürki zulief und am Schweizer Schlussmann scheiterte (45+1). So ging es mit 2:1 in die Pause.

Tuchel reagierte zur Halbzeit: Durm kam für Castro. Damit verbunden war eine Umstellung auf eine Dreierkette, die defensiv zur Fünferkette wurde. Bender, Sokratis und Pisczcek nun zentral.

Das Spiel wurde in der Folge wieder etwas offener, Dortmund tat sich jedoch nach wie vor schwer, Gelegenheiten aus dem Spiel herauszuspielen. Die dicken Chancen hatten weiter die Bayern. Lewandowski verstolperte einen Steilpass frei vor Bürki. In der 64. Minunte musste Bender mit einer sensationellen Fußparade gegen Robben retten, nachdem Bürki zuvor den Ball gegen Thiago vertändelt hatte.

Kurz zuvor hatte der angeschlagene Hummels den Platz für Boateng verlassen. Dortmund wirkte ratlos und machte doch wenig später das 2:2. Ein verlorener Ball von Alonso, kein Druck auf Dembélé, Flanke auf Aubameyang. Tor. Zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich verdient (69.).

Kurze Zeit später drehten die Borussen das Spiel komplett. Lahm verlor nach einem ungenauen Pass von Vidal in der Vorwärtsbewegung den Ball. Reus fand im Strafraum Dembélé, der Alaba austanzte und in Robben-Manier ins lange Eck traf. 2:3. Absurd. (74.)

Bayern nun völlig geschockt und trotzdem mit weiteren Chancen. Robben vergab die größten als er aus spitzem Winkel an Bürki scheiterte und in einer weiteren vielversprechenden Strafraumszene haarscharf am Pfosten vorbeischoss (82., 86.).

Es blieb am Ende beim 3:2. Dortmund steht damit nach einem schwer zu verdauenden Spiel im Finale.

3 Dinge, die auffielen:

1. Hummels Auswechslung als Knackpunkt

Viel ist in dieser Saison über Bayerns Spiel mit dem Ball geschrieben und diskutiert worden. Gegen Dortmund war das, wie schon beim Ausscheiden gegen Real, nicht der entscheidende Punkt. Der FC Bayern hatte Großchancen für fünf oder sechs Tore. Er machte immerhin zwei. Wie schon in Madrid. Er kassierte aber eben auch drei. Gegen Madrid in zwei Spielen sechs.

Die wohl verletzungsbedingte Auswechslung Hummels war dabei der Schlüsselmoment. Hummels machte eine überragende Partie. Nicht nur auf Grund seines Tores, sondern auch weil er vier Mal mit herausragenden individuellen Aktionen vielversprechende BVB-Angriffe frühzeitig stoppte. Auch das erinnert an das Spiel gegen Madrid als er und Neuer mehrfach großartig Schüsse blockten.

Als Hummels in der 61. Minute ging, stand es 2:1. Am Ende stand Dortmund im Finale. Sicher kann daran nicht alles festgemacht werden, doch der beste individuelle Zweikämpfer fehlte den Bayern fortan. Beim 2:2 leistete sich Alonso einen Ballverlust in der Vorwärtsbewegung. Doch danach spielte Bayern am eigenen Strafraum 7 gegen 3. Eine klare Überzahl. Trotzdem gelang es nicht Druck auf Flankengeber Dembélé aufzubauen und überhaupt in den Zweikampf zu kommen.

Beim 2:3 verlor Lahm den Ball. Auch hier schaffte es im Anschluss niemand, Dembélé entscheidend zu stören.

Es ist etwas, das die Münchner bei aller Hektik, die nun in den kommenden Tagen um den Verein entstehen wird ruhig und sachlich analysieren müssen. Das Innenverteidiger-Trio, das noch durch Süle ergänzt wird, ist auf dem Papier sehr gut. Möglicherweise sind die Probleme der letzten Spiele eher im zentralen Mittelfeld und auf dem Flügel zu suchen. Chancenverwertung hin oder her. Zwei Tore im eigenen Stadion gegen Borussia Dortmund müssen eigentlich in einem Pokal-Halbfinale reichen.

2. Tuchels Anpassung nimmt Bayerns Stärke

David Alaba gehörte in dieser Saison bisher zu den schwächsten Münchner Stammspielern. Offensiv harmlos, manchmal auch ideenlos. Im Passspiel zu häufig ungenau. Defensiv solide, aber auch mit sichtbaren Defiziten in der Entscheidungsfindung. Gegen Dortmund spielte er eine Schlüsselrolle.

Der Österreicher begann zunächst schwach, traute sich aufgrund der Gefahr, die von Dembélé ausging, zunächst nicht so recht über die Mittellinie. Erst als Dortmund in Führung ging und Bayern gezwungen war, etwas mehr Risiko zu gehen, nahm er entscheidenden Einfluss aufs Spiel. Weil Ribéry selbst sehr breit stand, um das Dortmunder Mittelfeld auseinander zu ziehen und die Wege für den immer wieder nach hinten eilenden Dembélé weiter zu machen, konnte sich Alaba voll aufs Hinterlaufen konzentrieren.

Gemeinsam zogen beide über weite Strecken der ersten Hälfte das in dieser Saison manchmal vermisste Zusammenspiel auf dem Flügel auf. Beide boten Alonso immer wieder die Chance für herrliche Seitenverlagerungen – auch weil Dortmund sich tendenziell eher darauf konzentrierte, auf Bayerns rechte Seite zuzuschieben. Dass Ribéry zunächst an vielen Offensivaktionen im Strafraum beteiligt war, hatte viel mit der Unterstützung von Alaba zu tun.

Doch dann stellte Tuchel um, brachte Durm und damit eine zusätzliche Absicherung in der defensiven Fünferkette. Dem Flügelspiel der Münchner nahm das etwas den Schwung, weil Dembélé sich nun höher positionieren konnte und Alabas Vorstöße dadurch seltener wurden. Der Franzose kam auch immer wieder durch den rechten Halbraum und erschwerte es den Münchnern so Zugriff zu erlangen. Ab der 60. Minute war Alaba fast ausschließlich hinten gebunden. Ancelotti reagierte nicht auf diese Veränderung und ließ die Mannschaft alleine Lösungen finden. Insgesamt klappte das nicht schlecht. Dortmund hatte jenseits der beiden Treffer keine wirklichen Chancen aus dem Spiel heraus. Aber es änderte ein wenig die Dynamik und nahm den Schwung auf die frühe Entscheidung.

So passte es am Ende irgendwie in die Saison von David Alaba, dass sein direkter Gegenspieler nach sehr guter erster Halbzeit des Österreichers für die entscheidenden Gegentore in der zweiten Hälfte verantwortlich war.

3. Erfahrung kein Plus

Es ist schwer zu akzeptieren, dass der FC Bayern in drei entscheidenden Spielen dieser Saison in Führung lag und das Spiel nicht als Sieger verließ. Gegen Madrid führten die Bayern zweimal und fielen nach Platzverweisen auseinander. Vor allem das Hinspiel mit einer ganz schwachen, konfusen zweiten Halbzeit muss hier genannt werden. Auch gegen Dortmund führte Bayern. Hatte alles im Griff. Spielte auf das 3:1 und steht nun auch im Pokal mit leeren Händen dar.

Das ist umso bitterer, da gerade die riesige Erfahrung der Mannschaft und auch des Trainers ein absoluter Trumpf hätte sein sollen. Ancelotti, Lahm, Alonso, Müller, Boateng, Vidal, Hummels, Robben, Ribéry haben quasi alles in ihrer Fußballerkarriere gesehen. Wissen, was ein Spiel zum kippen bringt und welche negative Dynamik wie erstickt werden kann. Gegen Dortmund und Real war davon wenig zu sehen. Einfache Fehler und eine zu offensive Ausrichtung in kritischen Momenten begünstigten diese Niederlagen. Das ist schwer zu begreifen.

Ancelotti muss sich sicher Fragen lassen, wo eigentlich sein Beitrag zu mehr Ruhe und Ordnung in den entscheidenden Phasen des Spiels gegen Dortmund war. Doch die Spieler sind hier definitiv nicht aus der Verantwortung zu nehmen. Niemand hat erwartet, dass diese Mannschaft mehr oder schneller läuft als die junge Dortmunder Truppe. Aber jeder hat zurecht erwartet, dass sie schlauer und abgezockter ist, als ihr Gegenüber. Dass ausgerechnet das nicht eintraf ist die bitterste Erkenntnis dieses Pokalabends.

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FC Bayern – Borussia Dortmund 2:3 (2:1)
FC Bayern Ulreich – Lahm, Martinez, Hummels (61. Boateng), Alaba – Vidal, Alonso (79. Müller)- Robben, Thiago, Ribéry (86. Costa) – Lewandowski
Bank Starke, Bernat, Kimmich
Borussia Dortmund Bürki – Piszczek (80. Pulisic), Sokratis, Bender, Schmelzer – Castro (46. Castro), Weigl – Dembele, Guerreiro – Aubameyang, Reus (91. Ginter)
Bank Weidenfeller, Kagawa, Merino, Isak
Tore 0:1 Reus (19.), 1:1 Martinez (29.), 2:1 Hummels (41.), 2:2 Aubameyang (69.), 2:3 Dembele (74.)
Gelbe Karten Alonso, Robben / Bürki, Weigl, Dembele
Schiedsrichter Manuel Gräfe (Berlin)
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)