Der Mythos – „die stärkste Mannschaft der Welt“

Christopher Trenner 22.02.2014

Diese Szene ist sinnbildlich für den FC Bayern der jetzigen Zeit. Man hat den Eindruck, der FC Bayern München hat das Verlieren verlernt. Man eilt von Sieg zu Sieg und von Rekord zu Rekord. Der Weg ging in den vergangenen 18 Monaten nur nach oben. Der Höhepunkt dabei war kurz vor Weihnachten die „Klub WM“ – man darf sich jetzt offiziell „die beste Mannschaft der Welt“ nennen. Und Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Co. machten davon jüngst kräftig Gebrauch. Witzigerweise in der Zeit, in dem ein kleiner aber feiner Vortrag von Thomas Tuchel durchs Internet geistert, in dem er von der Schwierigkeit berichtet, den Erfolg zu vergessen, um den Hunger für neue Erfolge zu behalten. Erfolg kann auch eine Bürde sein, ein schwerer Rucksack den eine Mannschaft mit sich trägt und an der sie jedes Mal gemessen wird. Der Misserfolg von 2012 – die drei zweiten Plätze, das verlorene Champions League Finale in München sind mittlerweile vergessen, da sie 2013 korrigiert wurden. Aktuell lebt man von diesem Triumph.

Und man muss Tuchel recht geben. Von den Erfolgen in der Vergangenheit kann man sich nicht wirklich viel kaufen. Natürlich hilft es einem bei der Sponsorensuche, beim Verpflichten von neuen Spielern und so weiter, allerdings wird das Ergebnis einer Saison auf dem Platz erspielt. Und das Spiel / die Spiele finden nun mal im Hier und Jetzt statt. Daher wäre etwas mehr Demut angebracht. Demut im Sinne von Zeigen, dass es wohl besser läuft, als man sich das noch vor ein paar Jahren hätte vorstellen können. Dabei sollte man dankbar sein, dass sich die Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit auszahlen – die richtigen Spieler wurden verpflichtet: Götze, Thiago, Martinez, Neuer – alle funktionieren. Zudem kommen Schlüsselspieler relativ verletzungsfrei durch die Saison. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Auch auf der Trainerposition hat man alles richtig gemacht. Ein Rädchen greift ins andere und so ist man in der Bundesliga den Konkurrenten weit enteilt. Klingt also doch nach der besten Mannschaft der Welt?

Mitnichten, wie das Arsenal-Spiel gezeigt hat. Wenn man nach 10 Minuten 0:2 zurückliegt ist man nicht der „beste Klub der Welt“, sondern eher der „größte Depp der Welt“. Aktuell lebt man davon, dass man das berühmt gewordene „Momentum“ auf seiner Seite hat. Das kann sich aber schnell ändern, wenn die Qualität der Mannschaft nicht mehr auf den Platz gebracht wird. Die Fähigkeit, der Mannschaft zeigt sich genau darin, dass sie sich nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruht. Sie unterscheidet sich gegenwärtig von den letzten bajuwarischen Champions League Siegern. In der Saison 2002/03 – gab es einen krassen Leistungsabfall der Könige Europas. Die Mannschaft war überaltert und satt. Die 2000er Jahre waren zwar unterm Strich nicht unerfolgreich, aber so richtig steht man erst seit Anfang der 2010er Jahren wieder da, wo man Ende der 90er Jahre war – und zwar unter den Top vier bis acht in Europa. Man sollte daher nicht die gleichen Fehler wie damals machen und die Mannschaft bzw. die Spieler überhöhen und mit Attributen wie die „stärkste Mannschaft der Welt“ anpreisen.

Der rückblickend mutige Schritt, den Trainer zu wechseln, war sicherlich hilfreich, aber auch in anderen Entscheidungen muss die Zukunft gelebt werden. Tradition ist kein Garantieanker für die Ewigkeit – wer das glaubt, sollte einen Blick auf den HSV werfen. Erfolgreich zu arbeiten ist schwierig, erfolgreich zu bleiben ist schwieriger. Der Vorstand der AG, aber auch das Präsidium des Vereins sollten vorleben, dass man nicht in der Vergangenheit lebt, sondern in der Zukunft. Wichtige Entscheidungen werden in den nächsten Monaten und Jahren anstehenden – diese zu treffen wird nicht immer einfach sein. Es kann nur hilfreich sein, wenn die Erfolge der jüngsten Vergangenheit ein Stück verblassen und man den Fokus vollends auf die Gegenwart legt – und zeigt, was wohl wirklich die beste Mannschaft der Welt ausmacht – möglichst viele Spiele gewinnen.