Der Aufsteiger des Jahres 2015

Felix Trenner 24.12.2015

Costas erster wirklich großer Auftritt war der erste Bundesligaspieltag. Sicherlich, auch in den Vorbereitungsspielen und im Pokal hatte der Neuling überzeugt – das hatten vor ihm aber auch schon Kandidaten wie Sandro Wagner geschafft. Die große Bühne des Eröffnungsspieles nutzte Douglas Costa auf eine Art und Weise, wie sie bisher eigentlich nur Arjen Robben genutzt hatte: Der hatte bei seinem ersten Auftritt im August 2009 in den ersten Minuten im Bayern-Trikot den VfL Wolfsburg aus der Allianz Arena geschossen und so für diesen Wow-Effekt gesorgt, der ihn sofort zu jenem Hoffnungsträger machte, der er später in der damaligen Saison auch werden sollte.

Ähnlich verhielt es sich bei Douglas Costa. Vor der Saison hatte es beim FC Bayern eine wirklich große Sorge gegeben – und die betraf die Flügelpositionen. Die Unterbesetzung bei den Außenstürmern war in der vergangenen Runde wohl einer der Hauptgründe für das Ausscheiden gegen den FC Barcelona – und Franck Riberys Verletzungssorgen waren über den Sommer nicht gerade kleiner geworden. Die Verpflichtung von Douglas Costa wurde schnell als „perspektivischer Wechsel“ abgestempelt, die Hoffnungen lagen weiterhin auf einem bald wieder genesenen Ribery. Nun, um zurück zum Spiel gegen den HSV zu kommen: Douglas Costa rannte. Douglas Costa schlug Haken. Und Douglas Costa nutzte die Außenseite seines linken Fußes zu einer Torvorlage für Thomas Müller, die so schön war, dass selbst Roberto Carlos Tränen in den Augen gehabt haben dürfte. Keine Frage: Dieser Costa war kein Reservespieler, der perspektivisch Franck Ribery ersetzen könnte – er war der Ersatz. Und das beste? Er war auch kein One-Hit-Wonder.

Das bewies der Brasilianer über den Rest der Hinrunde. Nacho Monreal und Hector Bellerin vom FC Arsenal, Alexandru Matel und Josip Pivaric von Dinamo Zagreb oder auch Christian Träsch und Sebastian Jung vom VfL Wolfsburg bekommen beim Namen Costa wohl noch heute Schweißausbrüche. Wie schon 2007/08 (Franck) hat der FC Bayern jetzt wieder einen Trickser im Team, einen, der Spaß daran hat, wenn sein Gegenspieler auf der Außenbahn schon zur Halbzeit ausgewechselt werden muss, weil die Mannschaftsärzte den Knoten nicht aus seinen Beinen bekommen. Auch wenn manch einer sagen wird, Tricks wie der Hackenlupfer gegen Leverkusens Brandt würden über das Ziel hinausschießen – sie sind Teil dieses verspielten Brasilianers, der nicht nur Pep Guardiola an Neymar erinnert.

Doch nur Schnelligkeit und Trickreichtum reichen nicht aus, um den Miasanrot-Award als Aufsteiger des Jahres zu gewinnen. Douglas Costa hat es unheimlich schnell geschafft, die taktischen Vorgaben umzusetzen und seine Spielweise daran anzupassen. Während er in den ersten Spielen konsequent die Linien entlanglief und sich dort meist darauf verließ, dass die Kombination aus Antrittsgeschwindigkeit und einem schnellen Haken reichen wird, um am Gegenspieler vorbeizukommen, verschob Guardiola ihn mehr und mehr in die Mitte des Spielfelds. Dort spielte er womöglich genau die Rolle, die der Trainer eigentlich bei seinem Amtsanritt Franck Ribery hatte schmackhaft machen wollen (zu lesen in Martí Perarnaus Buch über das erste Jahr von Guardiola in München). Während der Franzose sich damit nicht wirklich hatte anfreunden können, ging Costa im Kombinationsspiel mit Müller, Thiago oder Lewandowski voll auf.

Costa hat es durch seine natürliche Spielweise, kombiniert mit der klugen Umsetzung der taktischen Ideen, bereits in seiner ersten Halbserie in München geschafft, als „schwer bis un-verzichtbar“ zu gelten – ein Prädikat, das ihn auf eine Stufe mit Thomas Müller, Jerome Boateng, Arjen Robben oder Robert Lewandowski hebt. Mit Douglas Costa auf dem Platz traf der FC Bayern in 19 Spielen durchschnittlich 3,2 Mal. Ohne ihn liegt die Torquote bei gerade mal 1,5 Treffern pro Spiel. Es bleibt zu hoffen, dass der Brasilianer in der Rückrunde beschwerdefrei bleibt. Denn als der wohl beste Eins-gegen-Eins-Spieler im Kader wird es auch an ihm liegen, in den wirklich wichtigen Spielen den Unterschied zu machen.

Sollte ihm das gelingen, könnte aus dem „Aufsteiger des Jahres“ auch schnell der „Spieler des Jahres“ werden.