FC Bayern München – FC Augsburg 2:1 (0:1)

Steffen Trenner 12.09.2015

Falls ihr es verpasst habt:

Die Länderspielpause hat ihre Spuren hinterlassen. Neben Arjen Robben und Medhi Benatia, die länger ausfallen werden, musste kurzfristig auch Mario Götze mit muskulären Problemen passen. Der deutsche Nationalspieler war durch den Robben-Ausfall eigentlich fest für die Startelf eingeplant. Der FC Bayern bezeichnete seinen Ausfall als Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf das wichtige Champions League Spiel gegen Piräus unter der Woche.

Wie erwartet saß Neuzugang Kingsley Coman zunächst auf der Bank. Genau wie Rückkehrer Javi Martínez. Im Vergleich zum Spiel gegen Leverkusen rückte Rafinha für Robben in die Startelf. Beim FCA kam mit Markus Feulner ein alter Bekannter zu seinem zweiten Startelf-Einsatz der Saison. Er vertrat den erkrankten Philipp Max. Der schnelle Esswein begann zudem für Altintop und Callsen-Bracker für den beim Aufwärmen verletzten Hong.

Bayern startete mit einer recht klaren Dreierkette, die aus Alaba, Boateng und Rafinha gebildet wurde. Lahm rückte nominell für Robben auf die rechte Außenbahn und bildete mit Alonso, Vidal und Thiago eine Art Raute hinter den drei Offensivspielern Costa, Lewandowski und Müller.

Die Münchner hatten die erste Halbchance nach sechs Minuten, als Müller eine Hereingabe nur knapp verpasste. Es dauerte fast bis zur 20. Minute, ehe sich die Hausherren die erste richtige Chance herausspielten. Thiago kam nach Alaba-Flanke aus sieben Metern frei zum Kopfball, scheiterte jedoch am glänzend reagierenden Hitz (19.).

Lahm ersetzte auf der Außenbahn Robben.

Das Spiel plätscherte danach lange vor sich hin. Bayern hatte mit einigen Hereingaben zwar die besseren Szenen, aber wurde vor dem Tor nicht zwingend genug. Es fehlte über viele Strecken das nötige Tempo in der Partie. Augsburg zog sich im Verlauf der ersten Hälfte immer weiter zurück, traf aber dennoch zur zu diesem Zeitpunkt ziemlich überraschenden Führung. Nach einer schönen Kombination über Bobadilla und Koo schloss Esswein letztlich wuchtig und unhaltbar für Neuer ab (43.). Die Bayern hatten sich diesen Rückstand mit einer insgesamt wenig inspirierten Leistung selbst zuzuschreiben.

Nach der Pause erhöhten die Hausherren spürbar das Tempo. Lewandowski vergab nach herrlicher Drehung eine hundertprozentige Torchancen als er völlig frei vor Hitz scheiterte (51.). Kurz danach brachte Guardiola Neuzugang Kingsley Coman. Die Bayern setzten sich nun zusehends am gegnerischen Strafraum fest. Erneut konnte Hitz einen 20 Meter-Freistoß von Alonso abwehren und kurz danach auch gegen Lewandowski retten.

Augsburg konnte sich nun überhaupt nicht mehr befreien und hatte große Mühe den Ball vom eigenen Sechzehner fern zu halten. Es dauerte bis zur 77. Minute, ehe Lewandowski den Bann nach schöner Kombination mit Müller brach und den zunächst erneut von Hitz abgewehrten Ball über die Linie drückte.

Bayern sammelte sich nach dem Ausgleich kurz, entschied sich dann aber voll auf Sieg zu spielen. EInmal mehr war es Hitz, der gegen Lewandowski aus spitzem Winkel den Rückstand verhinderte (85.). Kurz vor dem Ende zeigte Schiedsrichter Kircher nach einem Allerweltszweikampf zwischen Feulner und Costa auf den Punkt. Müller verwandelte den Strafstoß zum 2:1 (88.). Der Augsburger Protest war mehr als nachvollziehbar.

Das Ergebnis war nach dem Spielverlauf alles andere als unverdient. Glücklich war es ob der sehr fragwürdigen Elfmeterentscheidung kurz vor Schluss trotzdem. Der FC Bayern kommt so mit einem blauen Auge davon und ist weiter erster Verfolger von Tabellenführer Borussia Dortmund.

3 Dinge, die auffielen:

1. Wie Augsburg den Münchnern das Leben schwer machte

Es kam nicht unbedingt überraschend, dass sich der FC Bayern gegen Augsburg lange Zeit so schwer tat. In 7 der 10 Aufeinandertreffen seit Augsburgs Aufstieg im Jahr 2011 gelangen dem Rekordmeister weniger als 3 Tore. Zwei Aufeinandertreffen gingen sogar ohne eigenen Treffer verloren. Markus Weinzierl hat einen sehr guten Plan entwickelt, um den Münchnern ihre Stärken zu nehmen oder zumindest ihr Spiel deutlich zu verkomplizieren. Dass mit Arjen Robben, Franck Ribéry und Mario Götze gute Individualisten und Fixpunkte in der Offensive ausfielen, kam den Augsburgern zusätzlich entgegen.

Vor allem zwei Elemente in Augsburgs Spiel störten dabei den Münchner Spielfluss. Augsburg verstand es geschickt den Münchner Spielaufbau früh nach Außen zu lenken. Darauf, weniger auf den frühen Ballgewinn, ist das Augsburger Mittelfeldpressing aufgebaut. Am Samstag-Nachmittag gelang es zudem den nominell gefährlichsten Münchner Offensivspieler (Douglas Costa) sehr effektiv zu doppeln oder gar mit drei Spielern frühzeitig aus dem Spiel zu nehmen. Tempo konnte Costa kaum einmal aufnehmen. Nur ein erfolgreiches Dribbling stand am Ende zu Buche. Im bisherigen Saisonverlauf waren es über fünf gewesen.

Anders als zum Beispiel der HSV zu Saisonbeginn warteten die Augsburger nicht statisch auf den anrollenden Angriff und versuchten durch simple personelle Überlegenheit am Strafraum das Doppeln herbeizuführen. Stattdessen begleiteten Koo auf der einen und Werner auf der anderen Seite den jeweiligen Flügelspieler schon ab kurz hinter der Mittellinie. Verhaegh und Feulner konnten so als Außenverteidiger je nach Positionierung entscheiden, ob sie Costa, Lahm und später Coman attackieren oder eher im Deckungsschatten abwarten. Anders als in den Vorwochen gegen Hoffenheim und Leverkusen gelang es deshalb so gut wie nie einen der Offensivspieler auf dem Flügel oder in Strafraumnähe zu isolieren. Die Konzentration der Augsburger lag dabei eindeutig auf Douglas Costa, während Lahm über weite Strecken ein paar mehr Freiheiten erlaubt wurden.

Guardiola reagierte mit mehreren Ansätzen auf die Probleme. Zunächst zog er Costa von der linken auf die rechte Seite, um dort den nominell schwächeren Feulner zu attackieren und seinerseits eine Überzahl herzustellen. Als auch das nicht wirklich funktionierte stellte er stärker auf eine Viererkette um, damit Alaba als hinterlaufender Linksverteidiger mehr Druck auf die Defensive ausüben und Costa (nun wieder auf der linken Seite) unterstützen konnte. Später tauschte er mehrfach die Positionen von Costa und Coman.

Bayerns Spiel war gerade in den ersten 50 Minuten nicht schnell und direkt genug, um die beschriebenen Augsburger Staffelungen gar nicht erst entstehen zu lassen. Zu selten trauten sich die Münchner zudem das Mittelfeld durch einen scharfen Steilpass auf Lewandowski oder Müller zu überbrücken. Gelang dies wurde es wie bei Lewandowskis Riesenchancen in der 51. und 85. Minute durchaus gefährlich. Insgesamt war es aber durchaus alarmierend wie wenig Automatismen aktuell im Spiel durch das Zentrum greifen – gerade wenn man sich die herausragenden Passmuster von Borussia Dortmund unter Thomas Tuchel gegen tiefstehende Gegner vor Augen führt.

Erst spät in der zweiten Hälfte und vor allem nach der Hereinnahme von Coman fiel es den Augsburgern immer schwerer die beschriebene Struktur aufrecht zu erhalten, weil Bayern sich mit wütenden Angriffen am Strafraum festsetzen konnte. 20 der 27 Torschüsse gaben die Bayern in der zweiten Hälfte ab. Darunter viele erzwungene, weniger herausgespielte Torchancen. Ohnehin sollte man sich von der hohen Anzahl an Torschüssen nicht völlig täuschen lassen. 12 der 27 Torschüsse wurden von außerhalb des Strafraums abgegeben. Acht wurden geblockt. Zwei waren zudem eher verunglückte Flanken, die als Torschüsse gewertet wurden.

Das zweite gute Augsburger Element war das nicht gerade spektakuläre, aber durchaus effektive Umschaltspiel. Augsburg scheute den langen Ball nach Ballgewinn nicht, sorgte jedoch häufig dafür, dass sich rund um den Zielspieler drei oder gar vier Teamkollegen positionierten und so auf den zweiten Ball oder eine Kombinationsmöglichkeit warteten. Der Führungstreffer kurz vor der Pause entstand aus einem ähnlichen Muster. Augsburg gelang es so zumindest über 50 Minuten die Münchner auch defensiv ein wenig zu beschäftigen. Erst danach übernahm Bayern vollständig das Kommando und drückte Augsburg hinten rein.

Der FC Bayern wird in den nächsten Wochen Wege finden müssen den Gegner ohne Arjen Robben von der ersten Minute an defensiv zu fordern. Kraftakte wie am Samstag werden gerade in den anstehenden englischen Wochen immer schwerer werden. Guardiola wird dabei auch das Kombinationsspiel durch das Zentrum verbessern müssen. Der Flügelfokus der letzten Wochen wird ohne einen so herausragenden Individualisten wie Robben schwer aufrecht zu erhalten sein. Augsburgs Spiel über 50 Minuten könnte dabei durchaus Anschauungsunterricht für kommende Gegner sein.

2. Coman bekommt viel Vertrauen

Es war schon ein ungewöhnliches Zeichen, dass Pep Guardiola seinem Neuzugang Kingsley Coman nach nur zwei Trainingstagen in einer kritischen Phase des Spiels das Vertrauen schenkte. Auch Juan Bernat wäre schließlich durchaus eine dribbelstarke Alternative von der Bank gewesen. Sehr deutlich wurde in den ersten 50 Minuten wie sehr dem Münchner Spiel die zweite Option auf dem Flügel fehlte. Coman bekam als einziger Spieler von der Bank die Chance. Erst nach dem entscheiden 2:1 nutzte Pep Guardiola weitere Optionen und nahm so Zeit von der Uhr.

In Comans Leistung sollte noch nicht allzu viel hineininterpretiert werden. Er spielte mutig, zeigte, dass er im eins gegen eins am Gegner vorbei kommen kann. Seine Hereingaben waren zwar gefährlich aber vielleicht auch etwas plump. Sein Defensivspiel war wie erwartet engagiert und lauffreudig.

Coman könnte in den kommenden Wochen eine etwas größere Rolle bekommen, als zunächst geplant. Vor allem deshalb weil Douglas Costa nach dem hohen Pensum der ersten Wochen auch die ein oder andere Verschnaufpause bekommen wird.

3. Eingespieltes Angriffsduo

Dass der FC Bayern ein kompliziertes Spiel gegen Augsburg am Ende mit drei Punkten nach Hause brachte, hatte er vor allem seinem Angriffsduo zu verdanken. Robert Lewandowski und Thomas Müller zeigen wie schon im Vorjahr eine gute Harmonie im Zusammenspiel und fanden bisher immer Wege, um im Strafraum Gefahr zu entfalten – auch wenn es gegen Augsburg deutlich schwerer war als zuletzt kontrolliert in Tornähe zu gelangen.

Guardiola hat sich mit dem etwas asymetrischen Zusammenspiel der beiden Angreifer angefreundet. Müller spielt dabei eine ihm eigene merkwürdige Rolle, als hängende Spitze mit vielen Freiheiten in den 10er Raum oder auf die Flügel auszuweichen. Müller ist dabei wie kaum ein zweiter in der Lage die Lufwege seines Partners zu lesen und den jeweils freiwerdenden, gefährlichen Raum zu besetzen.

Lewandowski hat seine Rolle in Bayerns Spiel ohnehin inzwischen gefunden und erarbeitet sich in jeder Partie gefährliche Situationen. Zusammen schossen beide gegen Augsburg 15 Mal aufs Tor. Zwei Großchancen, darunter der Treffer zum 1:1 spielten sie im direkten Zusammenspiel heraus.

Das einzige Manko bleibt Lewandowskis Chancenverwertung. Fast 9 Torschüsse im Strafraum brauchte der polnische Nationalspieler im Vorjahr für einen Treffer. In dieser Saison sind es sieben. Vor allem die fehlende Genauigkeit in eins gegen eins Duellen mit dem Torwart ist dabei durchaus ein auffälliges Problem. Auch gegen Augsburg vergab Lewandowski drei Mal allein vor Hitz. So lange er trotzdem seine Treffer macht, ist das zu verschmerzen, trotzdem ist dies etwas, an dem selbst ein so kompletter Stürmer wie Lewandowski noch arbeiten muss.

FC BAYERN – FC AUGSBURG 2:1 (0:1)
FC Bayern Neuer – Rafinha, Boateng, Alaba – Xabi Alonso – Lahm (90.+2 Kimmich), Vidal (56. Coman), Thiago – Müller (90. Bernat), Lewandowski, Douglas Costa
Bank Ulreich, Martínez, Rode
FC Augsburg Hitz – Verhaegh, Callsen-Bracker, Klavan, Feulner – Baier – Esswein (70. Altintop), Kohr (90. Matavz), Koo, Werner – Bobadilla (76. Dong)
Tore 0:1 Esswein (43.), 1:1 Lewandowski (77.), 2:1 Müller (90./Foulelfmeter)
Karten Gelb: – / Verhaegh
Schiedsrichter Knut Kircher (Rottenburg)
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)

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