Bayer 04 Leverkusen in der Vorschau

Christopher Trenner 05.12.2014

Personal

Bayer 04 kann vor dem Spiel so gut wie aus dem Vollen schöpfen. Toprak kehrt wohl nach überstandener Knieverletzung zurück in die Mannschaft. Einzig Papadopoulos und Reinartz werden fehlen. Personell wird das wohl dazu führen, dass Jedvaj vom Abwehrzentrum wieder auf die rechte Verteidigerposition rückt. Spannend wird sein, welcher Spieler die Linksverteidigerposition bekleiden wird. Hier experimentierte Trainer Roger Schmidt bisher am meisten. Aktuell hat Boenisch die Nase vorne, aber auch der zweikampfstärkere Wendell könnte am Samstagabend auflaufen.

Ansonsten überzeugt vor allem die Offensive von Bayer 04 Leverkusen. Mit 25 Toren in 13 Spielen stellt Leverkusen die zweitbeste Offensive der Bundesliga. Maßgeblichen Anteil daran hat aber überraschenderweise nicht Stefan Kießling, sondern Karim Bellarabi, der an nahezu 50 % aller Tore beteiligt ist. Mit sieben Toren steht Bellarabi aktuell an Position 2 in der Torjägerliste. Hinzu kommen vier Assists. Somit ist Bellarabi fast in jedem Spiel an einem Tor beteiligt. Weiterhin überzeugte zuletzt Hakan Calhanoglu, der aus Hamburg nach Leverkusen kam und mit drei Toren (zwei Freistoßtore) und drei Assists seine Klasse bereits unter Beweis gestellt hat. Die schnelle Offensivachse wird komplettiert durch Heung-Min Son, der ebenfalls bereits fünf Bundesligatore erzielt hat.

System

Die Grundordnung von Leverkusen ist ein 4-2-3-1 bzw. 4-3-3, wobei Roger Schmidt auf volles Pressing setzt. Dies bedeutet, dass Bayer nach Ballverlusten mit der maximalen Anzahl an möglichen Spielern den ballführenden Spieler des Gegners attackiert bzw. seine Passoptionen zustellt. Dies führt oftmals zu schnellen Ballgewinnen im zweiten bzw. dritten Angriffsdrittel. Mit der Folge, dass Bayer 04 hochwertige Abschlüsse generieren kann. Begünstigt wird dieses taktische Vorgehen durch die bereits erwähnten schnellen Flügelspieler Son, Bellarabi aber auch Calhanoglu, der zentral hinter der Spitze Kießling spielt. Durch dieses taktische System wird die Defensive entlastet – die Viererkette, die nominell vielleicht nicht zu den Top 3 der Bundesliga gehört, wird weniger in kritische Situationen verwickelt. Die Anzahl der Großchancen, die Leverkusen zulässt, ist nach denen des FC Bayern der zweitbeste Wert der Liga. Auch im Spielaufbau ist die Bayer-Defensive kaum eingebunden. Das erklärt die relativ schlechte Passquote von 69 %. Leverkusen spielt deutlich mehr riskante Pässe und muss sich dank früher Ballgewinne nicht durchs Mittelfeld kombinieren.

Allerdings führt das ‚totale Pressing‘ zu starken Überlagerungen der jeweiligen Seiten. Mehr als fünf bis sechs Spieler auf einer Seite sind keine Seltenheit. Durch gut gespielte Diagonalbälle entstehen so gute Kontersituationen für den Gegner. Als Vorlage kann hier das Heimspiel von Bayer 04 gegen Werder Bremen dienen. Trotz überragender Leistung der Werkself, gab es nur einen einfachen Punktgewinn, da Werder drei (!) Konter ausspielte. Auch am letzten Wochenende lief Bayer bei zwei langen Bällen gegen den FC Köln nur hinterher. Mit etwas Glück bei Schiedsrichterentscheidungen reichte es dennoch zu einem klaren Derbysieg.

Weiterhin ist die taktische Marschrichtung relativ einfach – 100 % Laufen. Wenn ein Zweikampf möglich ist, wieder dieser geführt. Schon alleine, um die oben beschriebenen Räume für den Gegner zu vermeiden. Daher gehört das taktische Foulspiel zum Repertoire von Bayer 04 Leverkusen. 26 gelbe, eine gelb-rote und zwei glatt-rote Karten sprechen eine deutliche Sprache. Auch im DFB-Pokal und in der Champions League sammelte Leverkusen bereits Platzverweise ein. Auch statistisch lässt sich dies belegen: Bayer 04 hat bereits 3.195 Zweikämpfe in dieser Bundesliga geführt. Das sind 500 mehr als der FC Bayern im Vergleichszeitraum oder fast 40 pro Partie.

Das gewisse Etwas

Ist der Trainer Roger Schmidt. Schmidt brachte eine weitere taktische Finesse in die Bundesliga, die noch wesentlich weiter geht als das von Klopp praktizierte Pressing. In der Summe unterscheidet sich die Spielweise von Bayer dadurch deutlich von anderen Bundesligisten. Der FC Bayern hat dies bereits mit Schrecken erfahren dürfen. Im letzten Winter bestritt die Elf von Guardiola ein Testspiel gegen Salzburg. Pep versuchte damals die Dreierkette fest zu implementieren, musste aber mit ansehen, wie Salzburg die veränderten Pass- und Laufwege geschickt unterband und viele Aufbauspieler geschickt in Zweikämpfe verwickelte. Für Salzburg war es ein klarer 3:0-Sieg, der noch hätte höher ausfallen können. Guardiola beerdigte damals die Dreierkette für die Rückrunde.

Prognose

Von der taktischen Ausrichtung hätte vieles für eine Dreierkette beim FC Bayern gesprochen. Doch die Ausfälle von Alaba und Lahm treffen den FC Bayern in diesem Spiel am deutlichsten. Angesichts der letzten Wochen ist es unwahrscheinlich, dass Guardiola daher auf eine ‚klare‘ Dreierkette setzt. Eher wird es wohl die Variante mit Alonso als abkippendem Sechser geben. Generell wird es die Hauptaufgabe des FC Bayern sein, das Pressing geschickt zu überspielen, um so Räume zu öffnen. Alonso aber auch Boateng und Neuer kommen dabei entscheidende Rollen zu.

Weiterhin müssen Ballverluste im ersten Drittel vermieden werden, da Leverkusen durch ihre schnellen Spieler zu einfachen Torchancen kommt. Offensiv kann sich der FC Bayern durchaus was ausrechnen. Mit bereits 17 Gegentoren hat Leverkusen fast sechs Mal so viele Tore bekommen wie der FC Bayern und kassiert im Durchschnitt mehr als ein Gegentor pro Spiel.

Podcast

Unser Autor war zu Gast bei Christoph Fetzer und diskutiert zusammen mit Tobias Escher von spielverlagerung.de den kommenden Bundesligasspieltag:

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