MUNICH, GERMANY - OCTOBER 26: Julian Green (C) of Muenchen celebrate with his team mates after he scores the 2nd goal during the DFB Cup second round match between Bayern Muenchen and FC Augsburg at Allianz Arena on October 26, 2016 in Munich, Germany. (Photo by Adam Pretty/Bongarts/Getty Images)

Analyse: FC Bayern – FC Augsburg 3:1 (2:0)

Felix Trenner 26.10.2016

Falls ihr es verpasst habt:

Nach den zuletzt guten Leistungen gegen Eindhoven und Gladbach hatte Carlo Ancelotti zwei Optionen: Entweder weiterhin auf die langsam eingespielte Elf setzen – oder aber rotieren. Letztendlich entschied sich der Italiener für Option 2 und wechselte auf insgesamt acht Positionen durch.

Bernat und Lahm rückten für Alaba und Rafinha in der Viererkette auf die Außenbahnen, Jerome Boateng kehrte für Martínez in die Startelf zurück.

FC Bayern vs. Augsburg, Aufstellung FC Bayern – FC Augsburg, 26.10.2016, Grundformationen.

Der Spanier stand, wie Douglas Costa, nicht einmal im Kader. Außer Thiago wechselte Ancelotti das gesamte Mittelfeld aus (Kimmich/Sanches für Alonso/Vidal sowie Coman/Müller für Costa/Robben) und brachte auch im Sturm neues Personal: Julian Green nahm den Platz von Robert Lewandowski ein und kam so zu seinem zweiten Einsatz in dieser Saison.

Beim FCA hingegen musste Trainer Dirk Schuster auf einigen Schlüsselpositionen umstellen. Sowohl Kapitän Verhaegh als auch Stürmer Finnbogason waren nicht rechtzeitig fit geworden, für den Niederländer rückte der junge Georg Teigl als Rechtsverteidiger in die Startelf. Dong-Won Ji nahm Finnbogasons Stürmer-Position ein.

Schuster stellte personell so defensiv auf wie möglich. Hinteregger und Janker bildeten die Innenverteidigung, mit Kacar und Kohr stellte er Daniel Baier zwei absichernde zentrale Mittelfeldspieler an die Seite, die Flügelrolle links übernahm der nominelle Linksverteidiger Philipp Max. Einzig Ja-Choel Koo war auf Seiten der Augsburger im Angriff unterwegs.

Die Offensive des FC Augsburg war, bis auf den Anstoß, noch nicht einmal am Ball gewesen, da gewann Joshua Kimmich im Mittelfeld einen Zweikampf gegen Christoph Janker und der Ball gelangte über Thiago zu Müller, der den in der Zwischenzeit eingelaufenen Lahm gut freispielte. Und Philipp Lahm tat, was Philipp Lahm sonst nie tut: Er zog in den Strafraum, tunnelte Max und verwandelte in bester Stürmermanier zum 1:0 ins lange Eck (2.).

Die frühe Führung sorgte für viel Ruhe im Spiel der Bayern, die die extrem defensiv agierenden Augsburger bis zur zehnten Minute am eigenen Strafraum hielten und den Ball kontrollierten. Vor allem über die rechte Seite mit Lahm, Kimmich und Müller kombinierten die Bayern sich das ein oder andere Mal in den Strafraum, ein Fernschuss von Müller ging jedoch klar über das Tor (11.), Thiago kam der Querlatte mit seinem Abschluss knapp zehn Minuten später schon etwas näher.

Wenn beim FC Augsburg in der ersten Hälfte etwas Tempo in die Gegenstöße kam, dann über den aktiven Teigl, der immer wieder mit guten Antritten für Raumgewinne sorgte. Um wirklich gefährlich zu werden, fehlte im Anschluss an Teigls Einzelaktionen allerdings die Unterstützung der nachrückenden Mittelfeldspieler. Zwar versuchten die Augsburger immer wieder in kurzen Wellen zu pressen, sobald der FCB allerdings über die Mittellinie gelangten, postierten sie sich wieder im 6-3-1 bzw. 5-4-1 und boten vor allem in der Zentrale das erwartete Bollwerk auf.

Die Münchner wurden so gezwungen, immer wieder auf die Flügel zu verlagern und taten dies anfangs vor allem über Rechts. Erst ab der 20. Minute kam dann auch die linke Seite besser ins Spiel, Bernat brachte eine Flanke perfekt auf den im Strafraum freistehenden Coman, der den Ball allerdings nicht verwerten konnte (23.). Nach der guten, dominanten Anfangsphase schliefen die zwingenden Offensivbemühungen der Bayern ab der 25. Minute etwas ein. Schuld daran waren einerseits schlampig gespielte Schnittstellenpässe aus dem zentralen Mittelfeld und andererseits die jetzt hervorragend sortierten Augsburger, die hoch diszipliniert verschoben und wenig Räume zuließen.

In der 41. Minute jedoch verfiel die österreichisch-serbische Innenverteidigung kurze Zeit in einen Tiefschlaf, als Müller einen gefährlichen Flankenball in Richtung Strafraummitte schlug, wo Julian Green, von seinen Bewachern allein gelassen, perfekt ins lange Eck köpfte. Wieder war Philipp Lahm an dem Treffer beteiligt: Sein Chippass auf den an der Außenlinie wartenden Müller öffnete den Raum, um die Flanke in Ruhe zu schlagen. Beinahe hätten die Bayern das Spiel bereits vor dem Halbzeitpfiff entschieden, doch Marwin Hitz konnte einen Abschluss von Mats Hummels aus kurzer Distanz parieren. Somit verabschiedeten sich die Münchner mit einem hochverdienten, wenn auch nicht hochklassig herausgespielten 2:0 in die Halbzeit.

So wie die Bayern einen Blitzstart im ersten Durchgang hingelegt hatten, gelang es den Augsburgern im zweiten: Nach einer Standardsituation kamen die Bayern im eigenen Strafraum in Bedrängnis und Schiedsrichter Stegemann sah in einem kleinen Schubser von Hummels gegen Kacar einen Grund, Elfmeter zu pfeifen. Eine fragwürdige Entscheidung, die es den Schwaben allerdings ermöglichte, ins Spiel zurück zu kommen. Doch Manuel Neuer parierte den Strafstoß von Ja-Choel Koo und hatte im Anschluss daran Glück, dass Daniel Baier im Nachschuss vergab (49.).

Die Retourkutsche folgte fünf Minuten später, als Teigl eine völlig ungefährliche Flanke von rechts am Strafraumrand mit der Hand abfing. Den berechtigten Elfmeter allerdings vergab Müller kläglich. Die Bayern vergaben somit nach der Gelegenheit von Hummels kurz vor der Halbzeit die zweite Möglichkeit, das Spiel zu entscheiden. Das Tempo im Bayernspiel wurde danach noch geringer, als es ohnehin schon war – bis auf einen Abschluss von Müller und eine letztendlich ungefährliche Kontersituation über Sanches kamen die Münchner Marwin Hitz nicht näher. Und diese Schläfrigkeit wurde von den Augsburgern bestraft: Nach Ballverlust von Müller konterte der FCA über Ji, der von Jérôme Boateng im Strafraum nicht richtig angegangen wurde und über Neuer hinweg per Vollspann ins lange Eck vollendete.

Gegen nun etwas aufgerückte Augsburger ergaben sich zwar etwas mehr Räume im letzten Spieldrittel, allerdings konnten Müller, Coman und Green daraus kein Kapital schlagen. Die Laufwege wirkten willkürlich, teilweise fehlte die Genauigkeit in den Zuspielen und die meisten Angriffe endeten entweder in ungenauen Flanken oder risikoreichen Abschlüssen aus größerer Distanz. Das Team von Dirk Schuster hingegen verfiel nicht in panischen Aktionismus, sondern wartete weiterhin geduldig auf bayrische Fehler, die allerdings, so viel sei verraten, nicht mehr kamen.

Zehn Minuten vor Schluss brachte Ancelotti mit Badstuber für Hummels noch einmal frische Kräfte, der Innenverteidiger leitete sogleich einen der wenigen schnell vorgetragenen offensiven Spielzüge ein – an dessen Ende Sanches jedoch die Kopfballgelegenheit vergab (84.). Thiago hatte wenige Minuten später mit einem sehenswerten Dropkick aus 25 Metern noch einmal eine Gelegenheit. Den Schlusspunkt der Partie setzte schließlich David Alaba, der in der 93. Minute vom Strafraumrand aus ins kurze Eck traf, mit freundlicher Unterstützung allerdings von Marwin Hitz.

Das 3:1 liest sich somit etwas souveräner, als es am Ende war. Gegen extrem passive Augsburger, die über weite Strecken des Spiels kein Interesse daran zeigten, Nadelstiche zu setzen, machte man es sich schwerer als nötig. Müller verpasste es, mit dem Elfmeter bereits früh für die Entscheidung zu sorgen und so beschränkte sich die Leistung des FC Bayern in der zweiten Pokalrunde auf das Wichtigste: Das Weiterkommen.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Julian Green nutzt seine Chance nur teilweise

Carlo Ancelotti hatte es bereits vor einigen Wochen angekündigt: Julian Green würde seine Chance erhalten – die Frage war allerdings, ob er diese auch nutzen würde. Als Fazit nach dem Pokalspiel muss man sagen: nur teilweise.

Zu wenig Präsenz musste der Amerikaner sich in der ersten Hälfte vorwerfen lassen, nur selten war er in die Kombinationen am Strafraum eingebunden. Zwar tat sich die Mannschaft generell schwer, gegen die massive Zentrale der Augsburger Räume zu finden, Green war dabei allerdings mehr hinder- als förderlich. Sicherlich fehlt ihm die Körperlichkeit eines Robert Lewandowski, um sich gegen den kräftigen Hinteregger durchzusetzen, allerdings hätte er seine Wendigkeit in vielen Situationen besser einsetzen können. Zu dieser fehlenden Durchsetzungsfähigkeit gesellten sich offensichtliche spielerische Defizite, etwa als er eine gute Kontersituation aus der eigenen Hälfte heraus nicht einleiten konnte (10. Minute) oder den ungenauen Pass auf Müller spielte, der den Augsburgern den Konter zum Anschlusstreffer ermöglichte.

Seine beste Phase hatte Green zwischen der 40. und 45. Minute, als er zuerst am Strafraumrand gut für Thiago prallen ließ (seine einzige Aktion als echter Neuner) und anschließend aus einer etwas tieferen Position heraus Lahm am Flügel anspielte, in den Strafraum zog und dort die Flanke von Müller herausragend gut verwandelte. Im zweiten Durchgang allerdings verlor Green seinen Mut wieder und konnte im offensiven Kombinationsspiel keine Akzente setzen.

Die Frage, ob sich Julian Green dauerhaft beim FC Bayern einbringen kann, lässt sich in 90 Minuten nicht beantworten. Was jedoch feststeht: Eine nicht eingespielte Bayern-Elf, die (noch) nicht in absoluter Topform ist, kann er nicht verstärken. Das unterscheidet ihn von anderen jungen Spielern wie David Alaba, Kingsley Coman und insbesondere Joshua Kimmich, die sich in den letzten Jahren bei ihren ersten Auftritten deutlicher in den Fokus spielen konnten. Dass der 21-Jährige das 2:0 erzielte, dürfte ihm in den kommenden Tagen in jedem Fall einiges an medialer Aufmerksamkeit verschaffen – man darf gespannt sein, wie sich das auf seine Leistung auswirkt.

2. Noch nicht wieder der King

Es waren genau seine Spiele in der vergangenen Saison. Immer dann, wenn sich der FC Bayern gegen tiefstehende Gegner schwer tat, Tempo in das Spiel zu bekommen und durch Einzelaktionen Freiräume zu schaffen, war Kingsley Coman zur Stelle. Heute hätte es wieder so einen Auftritt gebraucht, das Spiel der Münchner wirkte offensiv behäbig und teilweise unstrukturiert – ideale Bedingungen also für temporeiche Sololäufe.

Doch Kingsley Coman wirkt derzeit zu blockiert, um häufig ins Eins-gegen-Eins zu gehen und hat scheinbar sämtliches Selbstvertrauen aus den großartigen Auftritten im Frühjahr verbraucht. Es ist mit Sicherheit ein Faktor, dass das Team um ihn herum derzeit bei weitem nicht auf dem eingespielten Niveau der Vorsaison agiert, als er aus einem starken, absichernden Kollektiv heraus agieren konnte. Aber das sollte ebenso wenig zu einer dauerhaften Ausrede werden wie seine Jugend.

Die Begründung für Kingsley Comans bisher schwache Leistungen in dieser Saison in seiner Vertragssituation zu suchen, wäre eine andere Möglichkeit. Sein großes Problem: Er schafft es derzeit offenbar nicht, Carlo Ancelotti im Training Argumente für Startelfeinsätze zu liefern. Somit fehlt ihm allerdings die Bühne, um sich für einen langfristigen Vertrag anzubieten. Wie Coman selbst diesen Teufelskreis unterbrechen könnte? Mit guten Trainingsleistungen und viel Selbstvertrauen. Das ist allerdings gleichzeitig der Punkt, an dem Carlo Ancelotti ansetzen sollte – mehr Spielminuten wären für Coman wichtig, um wieder zum King der Vorsaison zu werden.

3. Den Sack nicht zugemacht

In der zweiten Minute in der Allianz Arena in Rückstand zu geraten, ist der Alptraum einer jeden Mannschaft. Wie man mit einem so frühen Rückschlag allerdings umgehen sollte, zeigte der FC Augsburg: Kein panischer Aktionismus, weiterhin defensive Grundausrichtung und geduldiges Warten auf die eine Großchance. Das große Problem des FC Bayern im Moment ist, dass man mit dieser Taktik und etwas Glück etwas Zählbares aus München mitnehmen kann. Während die Bayern in den vergangenen Jahren dafür bekannt waren, die Spannung über 90 Minuten hochzuhalten, tendiert man derzeit dazu, Mitte der zweiten Hälfte Einladungen zu verteilen. Schon gegen Gladbach ließen die Münchner in derselben Phase, in der Augsburg den Anschlusstreffer erzielte, Möglichkeiten zu.

Wäre der FC Augsburg heute etwas mutiger gewesen, gerade in der Schlussphase, hätte es durchaus zu einer Verlängerung reichen können. Am Ende waren es die fehlenden spielerischen Mittel im Umschaltspiel, die es dem FCA nicht ermöglichten, Schwächen der Bayern auszunutzen – darauf sollte sich das Team von Carlo Ancelotti allerdings nicht dauerhaft verlassen.

3.1. Holger <3 (Zum letzten Mal)

FC Bayern – FC Augsburg 3:1 (2:0)
FC Bayern München Neuer – Lahm, Boateng, Hummels (81. Badstuber), Bernat – Kimmich, Thiago, Sanches (84. Vidal) – Müller, Green (89. Alaba), Coman
Bank Ulreich – Alonso, Robben, Lewandowski
FC Augsburg Hitz – Janker, Kacar, Hinteregger, Stafilydis – Kohr (86. Günther-Schmidt), Baier – Teigl (61. Schmid), Koo (77. Altintop), Max – Ji
Bank Gelios – Feulner, Verhaegh, Moravek
Tore 1:0 Lahm (2.), 2:0 Green (41.), 2:1 Ji (68.), 3:1 Alaba (90.+3)
Karten Gelb: Coman / Baier, Kohr