FC Bayern – Hannover 96 5:0 (3:0)

Steffen Trenner 24.11.2012

1. Starkes frühes Pressing

Das Spiel begann wie ein Deja vu des Nürnberg-Spiels aus der Vorwoche. Das 1:0 von Javi Martinez war in dieser Saison bereits das dritte Bayern-Tor in den ersten 5 Minuten. Mandzukic traf zuvor in der Vorwoche gegen Nürnberg (3.) und am 3. Spieltag gegen Mainz (2.). Diese frühen Tore sind kein Zufall. Bayern startet in dieser Saison gerade in der Allianz Arena mit einem brutalen Ganzfeldpressing in die Partie. Auch gegen Hannover endete eine frühe Balleroberung zu einer Ecke, die dann letztendlich zum 1:0 führte. Bayern war in anderen Spielen in der Lage das hohe Anfangstempo 20 bis 30 Minuten zu gehen, um spätestens dann in Führung zu gehen. In der Vorwoche gegen Nürnberg nahm Bayern direkt nach dem 1:0 Tempo raus und zog die Pressinglinie weiter zurück in Richtung Mittelkreis. Gegen Hannover hielt man in der ersten Hälfte das Tempo hoch – gegen Nürnberg baute man einen angeschlagenen Gegner dadurch eher wieder auf, da man es der Hecking-Elf erlaubte durch hohen Ballbesitz wieder Sicherheit zu gewinnen. Man muss Heynckes ein Kompliment machen. Er hat dieses Pressing über die vergangenen zwei Jahre etabliert. Weder van Gaal noch Jürgen Klinsmann, die beide ein kollektives Pressing propagierten, ist dies in ihrer Amtszeit in dieser Form gelungen.

Das Heynckes-Pressing ist kein erbittertes Gegenpressing wie es Dortmund spielt – dafür fehlen die Spielertypen. Dennoch erlaubt es das kompakte Bayern Pressing mit den pendelnden Defensiv-Angreifern Mandzukic, Ribery, Müller und Kroos frühere Ballgewinne als in der Vergangenheit. Sie zwingen die gegnerische Abwehrreihe durch aggressives Anlaufen zu frühen, riskanten vertikalen Bällen. Martinez, Schweinsteiger, Alaba und Lahm schieben dabei extrem weit nach Vorn und setzen die Passempfänger ebenfalls unter Druck oder kommen vor ihnen an den Ball. Der Weg zum gegnerischen Tor ist bei frühen Ballgewinnen kürzer und man erwischt den Gegnern bei Ballgewinn in einer Situation der relativen Unordnung.

Die nächste Stufe für den FCB wäre die Etablierung eines Phasenpressings. Auffällig ist nämlich, dass das eben beschriebene hohe Pressing in dieser Form meist nur in der ersten halben Stunde gespielt wird. Das mag daran liegen, dass viele Spiele zu diesem Zeitpunkt schon entscheiden waren – dennoch war gerade in engen Spielen (Bremen, Nürnberg, Leverkusen) auffällig, dass Bayern sich häufig schwer tut in weit fortgeschrittenen Spielen das Tempo noch einmal zu erhöhen. Die Etablierung einer zweiten aggressiven Pressing-Phase zwischen 55.-75. Minute, beispielsweise auch eingeleitet durch eine Auswechslung auf der defensiven 6 mit Luiz Gustavo für Martinez oder umgekehrt, wäre eine weitere erfolgversprechende Variante im Bayern-Spiel.

2. Aufwärtstrend bei Standardsituationen

Es gehört zu den Dauerbrennern der vergangenen zwei titellosen Jahre. Bayerns Schwäche bei offensiven Standards. Nachdem es gegen Lille vor zwei Wochen schon zwei Tore nach Freistößen gab, traf Martinez gegen Hannover nach einer Ecke. Es war das erste Bayern-Tor in der Bundesliga nach einer Ecke nach über 140 Versuchen. Dante setzte mit seinem Kopfball-Treffer nach dem Freistoß von Kroos noch einen drauf. Heynckes wurde unter der Woche auf der Bayern-Pressekonferenz genau auf dieses Thema angesprochen. Er verwies auf einen Aufwärtstrend in den letzten Wochen mit guten Kopfball-Chancen nach Ecken zum Beispiel gegen Valencia. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob es tatsächlich einen Aufwärtstrend bei den Roten gibt.

3. Martinez nimmt seine Rolle an

Das Gemurmel um die Leistungen von Javi Martinez nahm in den vergangenen Wochen zu. Es zeigt sich, dass die Zahl 40 (Millionen) noch einige Zeit eine Belastung sein wird. Hätte der Spanier 15 Millionen gekostet wäre über seine bisher nicht herausragenden, aber absolut soliden Leistungen sicherlich anders diskutiert worden. Jetzt da Luiz Gustavo auf unbestimmte Zeit ausfällt, ist Martinez konkret und sofort gefordert. Die Diagnose „weiche Leiste“ bei Luiz Gustavo spricht eher für eine längere Pause. Martinez machte gegen Hannover wohl das beste Spiel im Bayern-Trikot. Nicht nur, aber sicher auch wegen seines sehenswerten Führungstreffer.

Sein Zusammenspiel mit Schweinsteiger ist hervorragend. Der Bayern co-Kapitän weiß um die Wichtigkeit des Neuzugangs und hatte sich in den Anfangswochen besonders um den Spanier gekümmert. Beide haben ein enormes Verständnis für das Spiel und bestimmte Spielsituationen, was sie für die komplexe Position in der Zentrale prädestiniert. Beide sind jedoch nicht unbedingt die Endschnellsten und haben hier Defizite gegenüber dem dynamischen Luiz Gustavo. Dafür hat Javi Martinez einen Vorteil in der Luft. Er gewann in der Bundesliga bisher knapp 70 % seiner Kopfballduelle. Im Vergleich: Luiz Gustavo gewann 54 %, Schweinsteiger 55 %. Die Schonzeit für Martinez ist vorbei. Es müssen keine Fallrückzieher sein, um die 40 Millionen Ablöse zu rechtfertigen. Sondern Ballgewinne, Angriffsinitiationen und eine stabilisierende Balance mit Spielgestalter Schweinsteiger. Das Spiel gegen Hannover hat gezeigt, dass Martinez diese Rolle angenommen hat.

4. Mario Gomez ist ein Torjäger

Ohne Worte